Hildegard Bräuer, geboren 1919, lebte zur Zeit des Kriegsausbruchs im Stadtteil Harvestehude: “Ich habe in einem Büro an der Mönckebergstraße als englische Stenotypistin gearbeitet.

Meine kleine Tochter war erst im März 1939 zur Welt gekommen, und wir lebten noch bei meinen Eltern. Wie jeden Morgen bin ich auch am 1. September mit der Straßenbahn zur Arbeit gefahren. Im Büro sprach sich dann am Vormittag schnell herum, dass Hitler in Polen einmarschiert sei. Geschockt waren wir alle nicht, das war ja zu erwarten. Im Laufe des Tages haben wir aber immer wieder miteinander über den Kriegsausbruch diskutiert. Die Stimmung war ruhig und besonnen, ängstlich wirkte keiner. Am Abend nach der Arbeit sind wir mit einigen Kollegen noch in die Konditorei um die Ecke in der Nähe der Alster gegangen. Natürlich war auch hier der Krieg wieder das wichtigste Gesprächsthema. Unsere Einstellung war: Das geht sicherlich schnell vorbei. Schon Weihnachten ist der Krieg vielleicht zu Ende. Auch zu Hause bei meinen Eltern herrschte eigentlich keine Panik. Natürlich haben wir diskutiert, aber meine Eltern waren recht optimistisch. Um meine Tochter habe ich mir damals noch keine Sorgen gemacht. Ich war überzeugt, das wird alles schon irgendwie. Wie naiv wir damals doch alle waren."