Kennen Sie den Mann, der schneller schießt als sein Schatten? Lucky Luke, der Comic-Held des Wilden Westen. Wirklich lustig und unterhaltsam. Im Heft “Phil Steel“ ist ein Verbrecher mit Spinnenbeinen und kantigem Kinn sein Gegenspieler.

Einer, der gnadenlos schießt und dafür ordentlich Geld kassiert. Lucky Luke aber streckt Steel im Duell nieder. Genau, der Gute siegt, freue ich mich. Der Held reitet dem Sonnenuntergang entgegen.

Das für mich Überraschende war nun der Klappentext dazu. Demnach hat diese Comic-Folge aus den 50er-Jahren Proteste und Boykott hervorgerufen. Dem Zeichner und Autor Morris wurde Gewaltverherrlichung unterstellt. Damit sollten Kinder und Jugendliche nicht in Berührung kommen. Aus heutiger abgebrühter Sicht scheint die Darstellung absolut harmlos und Lucky Luke ein Sympathieträger. Morris erzählt aber, für seine Geschichten habe der Protest einen Wendepunkt markiert. Ab da suchte er nach fantasievollen Lösungen, um den Schurken ein Schnippchen zu schlagen. Was mich daran fasziniert: Eine Grenze wurde benannt, die festlegte: "So nicht". Und der Protest hatte eine Wirkung auf die Geschichte.

Heute ist die Darstellung von Gewalt ein Teil unserer Kultur geworden. Sie bilde, so die Rechtfertigung, ja nur Wirklichkeit ab. Egal, ob im Kino, auf Computerspielen oder mit der Kamera: Wir sind nah dran an den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt. Die Grenze, die markiert, welche Gewalt noch ertragbar oder sogar umkehrbar ist, hat sich verschoben.

Nun erschraken selbst die hart gesottenen Reporter eines Politmagazins. In ihrem Beitrag über die rechte Szene wurde ihnen deutlich, wie öffentlich und schamlos Gewalt verherrlichende Reden und Musik verbreitet werden. Gerade so, als gäbe es keine gesellschaftliche Übereinkunft, ab wann man sagt: "So nicht!" "Je mehr wir wegsehen, desto mehr trauen sie sich" schloss die Moderatorin den Beitrag.

Das hat mich nachdenklich gemacht. Schließlich geht es um mehr als Comicfiguren.

"Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem (Römer 12,21)" fordert schon Paulus die christliche Gemeinde auf. Die Grenze müssen wir ziehen, bevor die Menschenwürde niedergestreckt wird. Wenn Gewalt und Kriege selbstverständlich werden, wie gnadenlos wäre das?

Pastorin Blös erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse bloes.finkenwerder@kirche-hamburg.de