Das Leben stellt FC-St.-Pauli-Fans oft vor schier unlösbare Aufgaben. Ein wichtiges Spiel der Kiezkicker in München zu sehen gehört dazu. Denn wie soll man dort eine Kneipe finden, die das Spiel live überträgt und in der auch viele Fans mitfiebern?

Erik Hauth (41) aus Altona stellte genau diese Frage im Internet. Schon 15 Minuten später hatte er die erste Antwort in seinem E-Mail-Postfach. Und drei Tage und viele weitere Antworten später stand sein Entschluss fest: Er würde im Balan feiern, mit "einer Menge Paulianer, die ordentlich Support leisten", wie er im Internet schreibt. "Der Abend war ein voller Erfolg", sagt Erik Hauth im Rückblick. "Ohne die Hilfe der anderen hätte ich die Kneipe wohl nie gefunden."

Menschen, die eine Frage haben, zu vernetzen mit Menschen, die darauf eine Antwort wissen - das ist die Idee von hamburg-frage.de. "Jeder ist auf irgendeinem Gebiet Experte", sagt Hauth. "Man muss sein Know-how nur austauschen."

Auf der Internetseite hamburg-frage.de gibt es dafür zwei Möglichkeiten. Die erste ist, seine Frage direkt per E-Mail an zehn Experten zu schicken. Die Definition des Experten ist dabei weit gefasst. Entscheidend ist die eigene Einschätzung: Jeder Nutzer gibt bei der Anmeldung an, auf welchem Gebiet er sich auskennt und wie gut. Wer sich selbst als Experte für den FC St. Pauli deklariert, wird also Fragen zu dem Verein übermittelt bekommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man alle Torhüter oder Pokalsiege aufzählen kann oder besonders viele Fanschals hat - wer sich als Experte sieht, gilt auch als einer. Schließlich kommt es bei hamburg-frage.de nur darauf an, die passende Antwort auf die jeweilige Frage zu finden. Dafür gibt es noch eine zweite Möglichkeit: Man kann die Frage auch öffentlich in einem Forum stellen. Dort können alle Nutzer mitlesen, auch wenn sie nicht bei hamburg-frage.de angemeldet sind. Grundsätzlich biete es sich an, beide Varianten auszuprobieren, rät Hauth. Bei seiner St.-Pauli-Frage habe er den entscheidenden Tipp von einem Experten per E-Mail bekommen, oft seien aber auch die Antworten in den Foren sehr hilfreich.

Hauth ist von dem Konzept so begeistert, dass er es zu seinem Beruf gemacht hat: Er ist der Geschäftsführer von wer-weiss-was.de, dem großen Bruder von hamburg-frage.de. Die Hamburger Seite, die jetzt vom Abendblatt gestartet wird, ist Teil des bestehenden Netzwerkes. Deshalb sind auch schon mehr als 450 000 Nutzer aus ganz Deutschland angemeldet. 290 von ihnen haben angegeben, Experte für Hamburg zu sein. Mehr als 15 000 Fragen und Antworten zur Hansestadt kann man schon auf hamburg-frage.de nachlesen. Die Kommunikation auf der Plattform ist immer anonym. E-Mails werden über die Seite versendet - der Fragende erhält keine E-Mail-Adressen und ist selbst nur unter seinem Benutzernamen bekannt.

Auch Soziologiestudentin Laura Korn (22) ist überzeugt von dem Konzept, Wissen zu tauschen, um alle ein bisschen schlauer zu machen. "Wikipedia funktioniert ja so ähnlich", sagt sie. "Aber da kann ich keine Fragen stellen." Im Gegensatz zu Wikipedia geht es bei hamburg-frage.de auch nicht nur darum, Fakten zu einem Thema zusammenzutragen, sondern auch, Erfahrungen weiterzugeben und Meinungen einzuholen. So schildert etwa "Inviolate" ein Jobangebot, das er bekommen hat, und fragt, ob er es annehmen oder noch mal verhandeln soll.

Ob Liebeskummer oder lebensbedrohliche Krankheit - auf hamburg-frage.de gibt es keine Tabuthemen. Drohungen oder Werbebotschaften werden gelöscht. Ob sich Fragender und Antwortender kennenlernen, ist ihnen selbst überlassen. Hauth hat den Experten, der ihm die FC-St.-Pauli-Fankneipe in München genannt hat, nicht getroffen. Vielleicht hat er aber mit ihm gefeiert. Wer weiß?