Er ist Deutschlands bester Schlösseröffner: Um ein Schloss auf zu bekommen, braucht er im Schnitt gerade mal 30 Sekunden.

Hamburg. "Die meisten Einbrecher sind ähnlich schnell, arbeiten allerdings nicht so elegant", sagt Manfred Bölker (54) und lächelt. Aber der Mann, der im Hauptberuf Zahnarzt ist, ist ja auch kein gemeiner Panzerknacker - sondern Deutschlands bester Schlösseröffner. Fünfzehnfacher deutscher Meister, auch den europäischen Titel hat der Hamburger geholt. Erste Lockpicker-Pflicht dabei: Das Schloss muss heil bleiben. Für Bölker vor allem eine intellektuelle Herausforderung. "Schlösser", sagt der Vater von zwei Töchtern, "sind wie Frauen, jedes hat sein Geheimnis."

Vor zehn Jahren hat der Dentist sich der Entsperrungskunst verschrieben. In seinem Beruf, der ihn als Vertretungszahnarzt quer durch die Republik führt, gebe es viel Routine, erklärt er. "Es gibt eben nur 32 Zähne." Zudem sieht er den wechselseitigen Nutzen. "Zahnmedizin und Schlösseröffnen haben viel mit Feinmotorik und dreidimensionalem Arbeiten zu tun." Sogar die Werkzeuge sind ähnlich.

Bölker braucht für seine Passion einen sogenannten Haken, einem häkelnadelähnlichen Metallstab, mit dem er das Innenleben eines Schlosses ertastet. "Alle haben die gleiche Schwäche", sagt der Lockpicker, "die mechanischen Teile passen nicht hundertprozentig ineinander." Mit dem Spanner bringt Bölker die Metallstifte in dem Zylinder in die richtige Position und entriegelt so den Mechanismus. "Letztlich bekomme ich fast jedes Schloss auf. Es ist eine Frage der Zeit."

Dabei muss die Tüftelei keine einsame Angelegenheit sein. Seit Jahren ist der Hamburger bei den Sportfreunden der Sperrtechnik organisiert, einem vom Chaos-Computer-Club-Mitbegründer Steffen Wernéry initiierten Verein. Kein Zufall: "Hackern und Lockpickern geht es darum, Sicherheitssperren zu überwinden", sagt Bölker. Selbst das Landeskriminalamt Berlin hat die Entsperrungsfreaks schon um Zusammenarbeit gebeten.

Zahnarzt Bölker geht sein ungewöhnliches Hobby inzwischen ruhiger an. Dass er seinen Titel bei der Europameisterschaft am vergangenen Wochenende nicht verteidigen konnte, nimmt er gelassen. Und auch bei Hilferufen von Bekannten ist er pragmatischer. "Letztens habe ich auch schon mal einen Bolzenschneider genommen."