Wie reagiert ein Spitzenfotograf, wenn ihm angetragen wird, für einen Warenhauskatalog zu arbeiten? “Katalog machte man eigentlich nicht, wenn man sich in einer Position wie meiner befand“, erinnert sich F. C. Gundlach.

Trotzdem sah er sich das Angebot, das der Otto Versand ihm Mitte der 70er-Jahre unterbreitete, genau an. Und bei eingehender Betrachtung fand Deutschlands bekanntester Modefotograf die Sache dann doch interessant. "Der Werbeleiter kam zu mir und sagte: Wir haben vor, einen alternativen Katalog zum Hauptkatalog zu machen, der Apart heißen und ein höherwertiges Angebot beinhalten soll. Das Ganze muss aussehen wie ein Journal."

Einen Katalog quasi neu zu erfinden, das war für Gundlach dann doch interessant. Außerdem sollte er nicht nur fotografieren, sondern mit seinem Team auch für Grafik und Layout, also für das gesamte Produkt, verantwortlich sein. Ein Journal braucht Journal-Profis, meinte Gundlach und heuerte den damaligen Chefgrafiker der Frauenzeitschrift "Petra" an, mit dem er gemeinsam etwas entwarf, was mit einem klassischen Katalog nur noch wenig zu tun hatte. War es bisher um die nüchterne Produktinformation gegangen, die den potenziellen Kundinnen zeigte, wie ein Kleid oder ein Mantel aussah, wollte Gundlach etwas völlig anderes.

"Bei irgendeiner dieser Besprechungen habe ich den Otto-Leuten gesagt, dass sie im Grunde genommen gar keine Schuhe und Kleider verkaufen, sondern sehr viel mehr: nämlich Wünsche und Träume."

Auf den Bildern, die Gundlach den Versandhaus-Bossen in die Hand drückte, erkannte man zwar auch, wie ein Kleid oder ein Mantel aussah. Was aber ins Auge stach, waren enorm schicke Menschen in enorm schicken Kleidern. "Jeder, der diese Fotos sah, sollte daran glauben oder träumen, genauso schick aussehen zu können, wenn er die abgebildeten Kleider selbst anziehen würde", sagt Gundlach, dessen Konzept die Otto-Leute überzeugt hatte. Für "Apart" fotografierte Gundlach zum Beispiel einen Kaschmir-Mantel. "Das war kein Superkaschmir, aber immerhin war Kaschmir mit drin. Für das Otto-Angebot war dieser Mantel auch recht teuer. Ich habe dem Model ein besonders schickes Kleid angezogen, eine Perlenkette umgehängt und es so platziert, dass der offene Mantel elegant um sie herum floss. Das war keine Materialdarstellung, auf der Sie die Knöpfe hätten zählen können, hatte aber eine enorme Wirkung: Der Mantel verkaufte sich im Handumdrehen." Gundlach hatte verstanden, dass das Bild der Mittelpunkt des Katalogs war und dass es um Bilder gehen musste, die Atmosphäre hatten, die die Fantasie der Betrachter beflügelten und zur Identifikation einluden. Statt der braven "Schaufensterpuppen" gab es nun Models, deren Glamour sich auch auf die Produkte übertrug, in denen sie mit allen Mitteln der Fotokunst abgelichtet wurden. War das, was Gundlach mit Ottos "Apart" gemacht hat, für die Katalogfotografie stilbildend? "Ich glaube schon, dass es einen gewissen Einfluss gehabt hat", sagt F. C. Gundlach, der sich gern an die kreative Zusammenarbeit mit Otto erinnert.