Schuldgefühle

"Was würde Shakespeare dazu sagen?", Hamburger Abendblatt, 27. Juli

Leider haben Sie die Rede von Daniel Kehlmann um einige Passagen gekürzt, durch die eines ganz deutlich wird:

Daniel Kehlmann, ein guter Junge, wie ihn sich ein Papa nur wünschen kann, nimmt diese Festrede als Anlass, von seinen Schuldgefühlen, die er seinem Vater gegenüber hat, zu reden. Er gibt uns, seinen Zuhörern und Lesern, einiges zu sehen von einer familiären Situation, in der es für den Sohn schwer erträglich gewesen sein muss mitzuerleben, dass der Vater keinen Erfolg mehr hatte. Vom derzeitigen Stand der Theaterkultur auf deutschsprachigen Bühnen hingegen weiß er nicht viel, er häuft nur Vorurteile an.

Er weiß offenbar auch nichts davon, dass man uns im Ausland um gerade diese vielfältige Theaterkultur beneidet. Er wirkt besetzt von einem Kampf, der nicht wirklich seiner ist, sondern zur Geschichte des Vaters gehört. Dass Daniel Kehlmann von diesem Kampf nicht lassen kann, das könnte auch mit seinem gigantischen Erfolg zu tun haben, der intrapsychisch durchaus dazu geeignet sein kann, den Druck von Schuldgefühlen angesichts eines zuletzt erfolglosen Vaters zu erhöhen.

Edda Uhlmann, Hamburg

Notwendige Diskussion

Die erregten Kommentare der Intendanten und Regisseure belegen deutlich die Notwendigkeit der von Daniel Kehlmann angestoßenen Diskussion. Möge daraus etwas Positives für die Freunde der Theater-/Musikkunst erwachsen.

Ulrich Zeidler, per E-Mail

Seriöses Theater

Recht hat Herr Kehlmann, man kann ihm nur beipflichten. Seriöses Theater findet man nur noch auf privaten Bühnen, die sich ihr Geld verdienen müssen. Wo immer der Staat finanziert, geschieht genau das, was Herr Kehlmann anprangert. Da sind die vier Herren, die als "Theatermacher" apostrophiert werden, als Kritiker ungeeignet. Sie sind es doch, die das Theater ruiniert haben. Die Regisseure, die Kehlmann angreift, sind nicht in der Lage, Eigenes zu schaffen. Da gehen sie denn hin und rächen sich an den Großen. Zerstückeln Shakespeare, Schiller, Goethe, Brecht, bis man sie nicht wiedererkennt. Oder spielen sie gar nicht erst. Wählen ihre Häuser gegenseitig als "Theater des Jahres", sonst täte es ja auch niemand. Und kassieren Millionen für leere Ränge.

Dr. Gunter Alfke, Hamburg

Alles beliebig?

Wenn ich als begeisterte Theaterunterstützerin versuche, neue Freunde zu gewinnen, stoße ich größtenteils auf Ablehnung - egal in welcher Altersgruppe übrigens. "Im heutigen Theater werde nur gebrüllt, die Sprache und damit die Stücke werden zur Unkenntlichkeit zerhackt, die Schauspieler wälzen sich im Dreck ..., für so etwas ist mir meine Zeit zu schade." Auf die Frage, wie lange der letzte Theaterbesuch zurückläge, gibt es die Antwort: lange. Aber, man würde das Feuilleton lesen, also informiert sein und gern mal wieder ins Theater gehen. Dieses Bild, so plakativ es ist, sollte den Theatermachern zu denken geben und hier setzt Daniel Kehlmann in seiner Rede an. Manchmal frage ich mich, warum schreiben die Regisseure nicht gleich ihre eigenen Stücke, wenn sie meinen, die Vorlagen so stark verändern zu müssen? Und warum lässt der Autor es zu, dass sogar schon bei Uraufführungen gewaltige Veränderungen durch den Regisseur vorgenommen werden? Hat er sein Stück, seine Figuren nicht durchkomponiert? Ist alles so beliebig? Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass sich die Zeit und damit unsere Sehgewohnheiten verändert haben, wir sollten darüber diskutieren, wie ein großes Publikum überrascht und unterhalten werden kann.

Sibylla Ribbentrop, Hamburg,

Diese Zuschriften geben die Meinung der Einsender wieder. Wir müssen uns sinnwahrende Kürzungen vorbehalten.