Der Schweizer Generalkonsul Adolf Zehnder und seine Frau starben 1945 bei dem Angriff. Jetzt enthüllt Konsul Kägi eine Gedenkplatte.

Hamburg. Es ist eine dieser tragischen Geschichten des Zweiten Weltkrieges. Eines der Schicksale, die sich noch in den letzten Tagen 1945 entschieden haben - die Geschichte des Schweizer Generalkonsuls Adolf Ludwig Zehnder und seiner Frau Else. Beide kamen am 29. April, nur neun Tage vor dem Ende des Krieges, auf dem Bismarck-Schloss in Friedrichsruh ums Leben.

Auf dem Anwesen, das rund 40 Kilometer östlich von Hamburgs Innenstadt mitten im Wald liegt, hatten sich in diesen Tagen Mitarbeiter der schwedischen Gesandtschaft in Berlin und des eidgenössischen Generalkonsulats in Hamburg zurückgezogen, um der Bombardierung Hamburgs durch die Alliierten zu entrinnen. Unter ihnen waren auch Zehnder und seine Frau, der als unermüdlicher Nothelfer für Schweizer und Deutsche in Hamburg ausgeharrt hatte. Fürstin Ann-Mari, die gebürtige Schwedin ist, und ihr Mann Fürst Otto, hatten sie eingeladen. Über Schloss Friedrichsruh wehten deshalb zwei Flaggen, die schweizerische und die schwedische. Die Flaggen der neutralen Staaten sollten das Gebäude vor Angriffen schützen. Zudem waren die Alliierten informiert, dass die Diplomaten in Friedrichsruh arbeiteten.

Doch plötzlich flogen über dem Schloss britische Tiefflieger. Und so ging es auch hier um Leben und Tod. Am 27. April verfehlten drei Sprengbomben das Landhaus beim Schloss noch. Doch am 29. April griffen britische Jagdbomber erneut an. Die Kriegsarbeitsgemeinschaft der Zeitungen "Hamburger Anzeiger", "Hamburger Fremdenblatt" und "Hamburger Tageblatt", die sich Hamburger Zeitung nannten, berichtete am 2. Mai: "Das historische Gebäude wurde am Sonntag zwischen 17 und 18 Uhr von sieben bis acht schnellen Kampfflugzeugen und Jagdbombern mit Splitterbomben und Bordwaffen angegriffen." Bereits nach wenigen Minuten war der Angriff vorbei. Teile des Gebäudes gingen sofort in Flammen auf.

Das Schweizer Ehepaar Zehnder war nach Angaben von Augenzeugen erst kurz vor dem Angriff von einem Diner mit dem Fürsten Otto von Bismarck zurückgekehrt, das der auf Schloss Schönau gegeben hatte. Er befand sich im Moment des Angriffs in seinen Wohnräumen im Schloss. Eine Augenzeugin berichtete später, sie habe Zehnder nach dem Abebben des Angriffs tot in den brennenden Trümmern auf dem Korridor vor seinem Wohnraum gefunden. Ein Bombensplitter hatte ihm den Hinterkopf weggerissen.

Seine Frau lag einige Meter weiter schwer verletzt am Boden. Ein Sprengstück hatte ihr beide Beine zerschmettert. Hilfskräfte konnten Else Zehnder noch aus den Trümmern bergen, sie allerdings nicht sofort ins Krankenhaus schaffen, weil erneut Tiefflieger angriffen. Nachdem die Angreifer sich endlich zurückgezogen hatten, wurden die Verwundeten versorgt und ins Krankenhaus gebracht, berichtet die Augenzeugin weiter. Doch für Elisa Zehnder kam alle Hilfe zu spät. Sie erlag kurz nach ihrer Einlieferung in die Bergedorfer Klinik ihren Verletzungen. Das Ehepaar wurde am 8. Mai, dem Tag der deutschen Kapitulation, in Aumühle beigesetzt.

Historiker versuchen bis heute, das Geheimnis jener ungewöhnlichen Attacke zu lüften. Schließlich hatten die Flaggen auf dem Schloss deutlich die Anwesenheit der neutralen Diplomaten angezeigt. Offiziell heißt es, die Alliierten seien informiert worden, hohe SS-Offiziere befänden sich im Schloss. Doch Hellmuth H. Schulz, der wenige Tage vor dem Angriff als zwölfjähriger Junge noch auf Friedrichsruh war, bezweifelt die Erklärung. "Ich persönlich traue dieser Aussage nicht", sagt der ehemalige Hamburger Professor für Bauphysik, dessen Vater in den Kriegjahren als Vizekonsul für die Schweiz tätig war. Er hat sich mit diesen schicksalhaften Tagen beschäftigt und eine Chronik verfasst. Seine Vermutung: Die Bomber mussten ihre schwere Munition loswerden, weil sie sonst den Weg nach Hause nicht geschafft hätten. "So haben sie sie abgeworfen, mehr oder weniger gezielt."