Worüber wollte ich noch mal schreiben? Richtig, ich hatte es schon wieder vergessen: die deutschen Meisterschaften der Gedächtnissportler.

Es gibt eigentümliche Zusammenkünfte, über deren Sinn man lange nachdenken könnte. Etwa wenn 70 000 Menschen im Stadion einem Zotenreißer zujubeln. Oder wenn sich Tausende auf Marktplätzen die Worthülsen von wahlkämpfenden Politikern anhören. Und dann sind da noch die Gehirnakrobaten, die an diesem Wochenende in Hamburg ihren Meister küren - die "Memo Masters", natürlich an der Universität.

Da geht es um Disziplinen wie "Binärziffernmarathon" oder "Zahlensinfonie". Und um einen Weltrekordversuch: Der Musikwissenschaftler Klaus Schubert aus Detmold will 10 000 Stellen der mathematischen Zahl Pi deklamieren. Gut, wenn's der Wahrheitsfindung dient. Ob der Spruch "Dein Gedächtnis möchte ich haben" in diesem Fall anzuwenden ist? Diese Superhirne kennen zwar alle Päpste in chronologischer Reihenfolge, wissen aber nur selten, wo der Mülleimer steht.

Mit dem Gedächtnis ist das so eine Sache. Unsereiner hat schon Probleme, sich drei verschiedene Geheimzahlen zu merken. Im Supermarkt fällt unserem Elefantengedächtnis nur ein, welcher Fußballspieler 1970 WM-Torschützenkönig war (Gerd Müller), aber leider nicht, welche Zutat für den Salat noch fehlte. Überhaupt: Wo liegt eigentlich der Hausschlüssel? Da passt am besten die entwaffnende Weisheit Schopenhauers: "Unser Gedächtnis gleicht einem Sieb, dessen Löcher am Ende so groß sind, dass fast alles Hineingeworfene durchfällt."

Und doch könnte manches, was die Denksportler für die grauen Zellen empfehlen, durchaus sinnvoll sein. Das Gedächtnis, heißt es, erinnert sich am besten an Bilder und Geschichten. Die Geheimzahl 3382 könnte man sich mit dem Satz Opa (Geburtsjahr) spinnt (acht Beine) doppelt (2) merken.

Solch praktischer Nutzen der Hirnakrobatik ist allerdings begrenzt. Ein Hellseher könnte wenigstens die nächsten Lottozahlen vorhersagen, ein Gedächtnissportler kennt nur alle bisherigen Ziehungen.