Spenden fallen um bis zu 75 Prozent. Kleine Hamburger Organisationen sind besonders hart betroffen und schränken ihr Angebot ein.

Hamburg. Sie kamen jeden Morgen, um für ein kostenloses Frühstück anzustehen, die Obdachlosen, Sozialhilfeempfänger und bedürftigen Rentner. Seit kurzem stehen sie beim CaFée mit Herz in St. Pauli vor verschlossenen Türen. Die Hamburger Einrichtung musste ihr Angebot zusammenstreichen. Der Grund: Es gehen immer weniger Spenden ein. "Die Folgen der Wirtschaftskrise treffen uns hart", sagt Geschäftsführerin Margot Glunz. Von den bislang 12 000 Euro, die die Einrichtung in einem durchschnittlichen Monat eingenommen hat, blieben zuletzt 3000 Euro. "Ich habe mich bei einigen, die ausgetreten sind, nach dem Grund erkundigt. Viele sagten, dass sie es sich nicht mehr leisten könnten. Selbst der Mitgliedsbeitrag von monatlich fünf Euro ist oft zu viel."

Auch andere soziale Einrichtungen haben derzeit mit teilweise starken Einbußen zu kämpfen. So erlebt der Verein Dunkelziffer einen Einbruch der Erlöse um rund ein Drittel. "Seit April spüren wir diese Zurückhaltung", sagt Geschäftsführerin Vera Falck. Ihr Verein engagiert sich für die Opfer sexuellen Missbrauchs. "Wir merken, wie vor allem die Zahl der Kleinspender zurückgeht." Von einem ähnlichen Minus berichtet auch Peer Gent vom Kinderhospiz Sternenbrücke. Für die laufende Arbeit muss das Hospiz zunehmend auf eigene Rücklagen zurückgreifen. Auch Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen, bestätigt: "Nach einem leichten Zuwachs in 2008 melden immer mehr Organisationen spürbare Spendenrückgänge."

Dramatischer ist die Lage in der Tagesstätte Ma(h)lzeit, in der Obdachlose mit Essen und Wäsche versorgt werden und sich duschen können. "Wir sind auf 40.000 Euro Spenden im Jahr angewiesen. Nach dem ersten Halbjahr haben wir statt 20 000 erst 10 000 Euro eingenommen", so Leiterin Marion Sachs. Noch im vorigen Jahr sei zu diesem Zeitpunkt mehr als doppelt so viel Geld eingegangen. "Viele Spender begründen den Rückzug mit der wirtschaftlichen Situation." Sorge bereitet Sachs vor allem der Blick auf die zweite Jahreshälfte: "Gegen Jahresende wird es voller. Wenn die Kasse bis dahin leer bleibt, kommen wir in Schwierigkeiten."

Während Plan International, die Diakonie, der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und Misereor bisher keine starken Ausfälle zu verzeichnen haben, berichtet das Deutsche Rote Kreuz (DRK) von deutlichen Rückgängen bei privaten Spendern. "Ich schätze den Verlust hier auf 20 bis 30 Prozent", so Rainer Barthel, Sprecher des DRK in Hamburg. Durch die weiteren Geschäftsfelder des DRK sei der Ausfall bei der Organisation noch zu verkraften. Bei der Hamburger Caritas hingegen fallen besonders die Ausfälle bei Spenden von Stiftungen ins Gewicht, sagt Sprecher Timo Spiewack: "Von ihnen erhalten wir rund ein Viertel weniger Mittel." Noch sei die Arbeit der Caritas aber nicht gefährdet, alle Hilfsangebote blieben bestehen. Neue Projekte müssten jedoch so lange in der Schublade bleiben, "bis bessere Zeiten anbrechen".

Sebastian Bühner vom Bundesverband Deutscher Stiftungen bestätigt die Zurückhaltung der Organisationen. "Wir rechnen mit einem Einbruch der Ausschüttungen von zehn bis 15 Prozent", sagt er dem Abendblatt. Diese Entwicklung betreffe aber in erster Linie neue Projekte und ihre Planung. "Alle laufenden Projekte sind bereits vorfinanziert." Die Stiftungen hätten angesichts der angespannten Lage an den Finanzmärkten vor allem ein Anlageproblem. "Denn sie leben von den Zinsen ihres Kapitals und die sind derzeit einfach sehr schwer zu bekommen."