Jahr für Jahr drohte der Ortskern zu veröden. Jetzt wird er für mehr als 80 Millionen Euro aufgefrischt.

Elf Straßenkilometer vom Rathausmarkt entfernt liegt das alte, etwas triste Herz von Bramfeld: der Bramfelder Dorfplatz. Eine dunkelgrüne Mini-Insel, tennisplatzgroß, unmittelbar neben der lauten Bundesstraße 434. Dicht bewachsen mit 14 alten Eichen und Eschen, dazwischen undurchdringliches Gebüsch. Markantester Punkt zwischen den Bäumen ist ein blitzsauberes, rot geklinkertes Toilettenhäuschen (nur für Busfahrer). Davor steht etwas versteckt ein bemooster Gedenkstein, der an die Erhebung Schleswig-Holsteins gegen Dänemark 1848 erinnert.

Am Dorfplatz auch zu finden: eine Schule, ein Italo-Restaurant, die Busstation, die Post, Gebrauchtwagenhändler, ein Spielwarenladen, ein Fleischer und freie Parkplätze. Gegenüber liegt das Haushaltswarengeschäft Damms von 1877 mit 15 Rollwagen - gemeinhin "Hackenporsche" genannt - im Schaufenster. In der Nachbarschaft: Steppdecken Kemme von 1884, drei Spielhallen, das bemooste Hertie-Gebäude, die unvermeidlichen Bäcker und 15 Friseure auf 600 Metern. Aber kein Lebensmittelladen.

Hostessen verteilen mittags an die wenigen Passanten himmelblaue Handzettel, auf denen Hertie satte Rabatte ("Markenware bis 60 Prozent") und sein Ende verkündet. Alles wirkt öde und verschlafen. Ein Ort, der wie vergessen daliegt.

Das soll sich nun ändern. Hertie schließt, und Bramfeld bekommt am Markt, der wenige Hundert Meter neben dem Dorfplatz liegt, ein fast 20 000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum mit 60 Geschäften und 430 Parkplätzen. Investor und Bauherr ist ein Joint Venture aus der Matrix Immobilien AG, der Vivum GmbH und der Unternehmensgruppe Hermann Friedrich Bruhn. Schon im Frühjahr 2011 soll das 80-Millionen-Projekt dort eröffnen, wo der erste Max- Bahr-Laden stand.

Schon jetzt seien 70 Prozent der Einzelhandelsflächen vermietet, unter anderem an große Discounter, Mode- und Elektronikunternehmen.

Der Bezirk Wandsbek will den angrenzenden Marktplatz für 2,3 Millionen Euro neu gestalten. Die Bezirksamtsleiterin Cornelia Schroeder-Piller (CDU) verspricht: "Die Bramfelder werden sich dort gern aufhalten und einkaufen."

Außerdem soll noch die Stadtbahn kommen. Die gab es schon einmal unter dem Namen "Straßenbahn". Die Linie 9 verband bis 1974 Bramfeld mit dem Rathausmarkt.

Die neue Stadtbahn soll wohl neben Damms halten; das passende Grundstück habe die Stadt schon gekauft, erklärt Hans-Jochim Damms (55) von der Bramfelder Interessengemeinschaft ("Brain"). Das neue EKZ findet er "super". "Es bringt uns Lebensqualität; besser geht es nicht", sagt er. Nun endlich könne sein Bramfeld "ein Magnet" werden. Wie alle Bramfelder liebt Damms sein Dorf; hält Distanz zur Innenstadt; wenn er die elf Kilometer in die City überwinden will, dann fährt er "nach Hamburg". Auch andere hoffen auf die moderne Zeit. Gustav Esch (68) wohnt am Rande von Bramfeld, kommt gern mit dem Rad zum Ortskern, um Post oder Einkäufe zu erledigen. Den anstehenden Wandel findet er "wunderbar".

"Hier ist es nett und familiär", sagt Uwe Schmidt (46), Chef des Bramfelder Kulturladens Brakula (wird von einer Blutbank gesponsert). Die Atmosphäre werde bleiben, weil viele alteingesessene Familien in Bramfeld wohnen. Er hofft nur, dass der Verkehr auf der Bundesstraße nicht noch heftiger wird.

Diese Straße kennt Gerd Köster (70) noch als zweispurige Landstraße. "Als ich 1954 im Friseurgeschäft begann, habe ich noch die Kühe vom benachbarten Bauernhof über die Straße getrieben." Sein Geschäft (Trockenschnitt zum "Kampfpreis" von 11,90 Euro) liegt gegenüber dem geplanten Einkaufszentrum, das er kritisch beurteilt: "Ich hoffe auf große Geschäfte, denn 60 kleine Läden haben keine Chance gegen die großen Zentren in der Nähe." Er meint das Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) in Poppenbüttel, das Quarree in Wandsbek und das EKZ Steilshoop.