In der schwarz-grünen Koalition zeichnet sich ein schwerer Konflikt über den Strafvollzug ab.

Justizsenator Till Steffen (GAL) hatte vorgeschlagen, die Justizvollzugsanstalt Glasmoor zu schließen und den offenen Vollzug von dort in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder zu verlagern. Streit gibt es jetzt darüber, wie hoch der Anteil des offenen Vollzugs an den Gesamthaftplätzen sein soll.

"Wir warten endlich auf ein Konzept für den offenen Vollzug", sagt die CDU-Justizpolitikerin Viviane Spethmann. Erst nach einer Einigung der Koalitionspartner über ein solches Konzept werde es Entscheidungen über die Schließung oder Verlagerung von Haftanstalten geben. Während die GAL den Anteil des offenen Vollzugs deutlich erhöhen will, geht es der Union eher um die Begrenzung. In der Union sind manche derart verärgert über Steffen, dass schon von der Einberufung des Koalitionsausschusses die Rede ist. Ein solcher Krisengipfel musste im ersten Jahr von Schwarz-Grün noch nicht einberufen werden.

Steffen sieht die Lage gelassener. "Wir streben eine zügige Entscheidung über die Zukunft der Haftanstalten an", sagte der Senator dem Abendblatt. Er gehe davon aus, dass alle Fragen, die das Konzept des offenen Vollzugs betreffen, "koalitionsintern" geklärt werden könnten.

Das sind die Fakten: Seit 2003 ist die Zahl der Gefangenen von 3174 auf aktuell 1971 gesunken. Dem gegenüber gibt es 2867 Haftplätze. Experten rechnen nicht damit, dass sich die Zahl der Gefangenen wieder deutlich erhöhen wird. Steffen hatte in einer Präsentation zur Neustrukturierung des Strafvollzugs den Abgeordneten von CDU und GAL vier Varianten vorgestellt. Das von Steffen bevorzugte Modell einer Verlagerung des offenen Vollzugs in einen Teil der JVA Billwerder würde Investitionen in Höhe von bis 25 Millionen Euro unter anderem für Umbaumaßnahmen erfordern. Den Investitionen stehen Einsparungen bei den Betriebskosten aufgrund der Schließung der JVA Glasmoor in Höhe von jährlich drei Millionen Euro gegenüber.

Neben der Frage der Finanzierung geht es in der Koalition vor allem um eine justizpolitische Entscheidung. Im Kern lautet die Frage: Welche Tätergruppen sollen in den offenen Vollzug wechseln können und wie schnell? In der JVA Billwerder könnten 400 Gefangene im offenen Vollzug untergebracht werden - das entspräche einer Quote von mehr als 20 Prozent. Derzeit liegt der Anteil bei 8,7 Prozent. Hamburg zählte zu SPD-Regierungszeiten zu den Spitzenreitern beim offenen Vollzug mit einem Anteil von rund 30 Prozent. Nach dem Regierungswechsel zur CDU 2001 wurde die Quote kontinuierlich abgebaut. Steffen will sich nach Abendblatt-Informationen an anderen CDU-geführten Ländern wie Nordrhein-Westfalen (23,5 Prozent) oder Niedersachsen (18,3 Prozent) orientieren.