Ein Segelkommando ist sein Name, Geschichte sein Schicksal, Königsberg die Gründungsstätte, Hamburg Wendemarke und Fixstern: Am 22. Oktober 2005 lädt der Hamburger Segelclub RHE, Deutschlands ältester Verein unter Segeln, zur Feier seines 150. Geburtstags ein. Vor wenigen Tagen ist das Flaggschiff "RHE" vom Jubiläumstörn "Baltic Rund" zurückgekehrt, der mehrere Schiffe des Klubs zum ersten Mal nach Kaliningrad geführt hatte - ins ehemals deutsche Königsberg, wo in einer Februarnacht im Jahr 1855 neun Freunde im Burow-Haus am Bergplatz eine Segelkameradschaft gegründet und ihr den Namen "RHE" (das Segelkommandowort!) gegeben hatten.
Auf ihren alten Revieren kreuzten jetzt erstmals die hanseatischen Nachfahren der preußischen Gründer, denen Bürgermeister Ole von Beust als "Botschafter Hamburgs" einen Brief an seinen Kaliningrader Kollegen Victor Belous mitgegeben hatte. "Ihre Reise erweist den guten Beziehungen Hamburgs zu seinen Nachbarn an der Ostsee eine Reverenz. Hamburg und Kaliningrad verbindet die Zusammenarbeit unserer beiden Häfen und die Kooperation in der Stadtentwicklung. Mit seiner Reise bezeugt der SC RHE diese Verbundenheit", lobte er.
Das Flaggschiff "RHE", eine Sigma 41, der "Lichtblick", eine Beneteau First 317, und der "Halibo", eine Dehler Optima 92, waren die teilnehmenden klubeigenen Yachten (RHE-Yachten sind männlich!). 108 Personen waren auf den neun Etappen über 3000 Seemeilen abwechselnd an Bord, die von Wedel über Danzig, Kaliningrad, Klaipeda/Memel, Tallinn, Helsinki, Stockholm, Kopenhagen und Karlskrona nach Kiel führten. "Ob Polen, Russen oder Balten - alle waren freundlich zu uns und hilfsbereit", so Wilko Darger, der jugendliche Vorsitzende der ältesten Segelkameradschaft. "Mein Schiff teilte die Haffwellen, ich konnte es kaum fassen", schrieb der 1938 in Königsberg geborene "Halibo"-Skipper Hans-Jürgen Paetsch in Kaliningrad in sein Tagebuch. "Meine feuchten Augen will ich nicht verleugnen; denn diese Mole, rechts und links von mir, wurde einmal, Stein auf Stein, von meinem Urgroßvater errichtet. Wie mag es wohl in seiner Zeit gewesen sein?" Und weiter: "Abends Wolfgang Knust und ich bei langjährigen russischen Freunden eingeladen. 8. Stock, Plattenbau. Sergei war Jetpilot in Ostdeutschland. Im Ernstfall war sein Auftrag, die Stadt Celle zu bombardieren. Als mein Gast in Hamburg, hatte ich ihm sein Ziel ,Celle' gezeigt. Er war überrascht, was an Kulturgut vernichtet worden wäre. Heute mein großer Freund!"
"Ein Stück Geschichte und Völkerversöhnung", überschrieb Wilko Darger die "Spurensuche unter Segeln" des Klubs. Geschichte - das ist der RHE-Gründer Ernst Burow, der 1885 als berühmter Kehlkopfchirurg die Augen schloß. Das ist Königsberg 1945, als Heimat, Boote, Clubhaus verlorengingen. Das ist Hamburg, wo sich, wie der Zufall gewürfelt hatte, nach Kriegsende 77 alte Mitglieder wieder begegneten und den RHE als Verein auferstehen ließen.
Für die Zukunft des Klubs aber stehen die 300 Mitglieder, drei seegehenden Vereins- und 32 Eigner-Yachten, die auf Elbe und Alster Ausbildung für alle Altersgruppen bieten, Hochseesegeln und Erkundungsfahrten gen Osten künftig eingeschlossen. 150 Jahre Segelsportgeschichte sind übermächtig!
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