Mitte: Der Bezirk plant, das alte Schachthofgebäude an der Feldstraße abzureißen

St. Pauli Music Hall - der neue Rock-Tempel

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Heinrich Oehmsen und Matthias Rebaschus

Anstelle des Real-Marktes, der die Filiale aufgeben will, soll eine stadtteiltypische Bebauung entstehen.

Das letzte wirkliche Sahnegrundstück der City. Mittendrin. Wo das Leben tobt. Massenerprobt. Allerfeinste Verkehrsanbindung. Nette, bunte Nachbarn aus der Szene. 20 000 Quadratmeter groß. Im Eigentum der Stadt. Darauf ein ehemaliger Schlachthof der Stadt, genutzt vom Discounter Real, der aufgibt. Der Real-Vertrag läuft im Dezember 2011 aus. Danach soll dort nach Wünschen des Bezirks Mitte der alte Bau abgerissen und eine Musikhalle gebaut werden. Die "St. Pauli Music Hall".

Für Livemusik, Rock-Bands, Hamburger Bands - aber auch Künstler, die sonst an Hamburg vorbeigehen würden, wie Bob Dylan, Paul Simon oder Norah Jones. Denn Hamburg hätte mit der "St. Pauli Music Hall" genau die "mittelgroße Konzerthalle für Popmusik", die im schwarz-grünen Koalitionsvertrag als Wunsch ganz oben rangiert. Eine Halle für 4000 Besucher. Denn nicht alle Musiker füllen die Alsterdorfer Sporthalle (7000 Plätze) oder die Color-Line-Arena (11 000) oder sind schon zu groß für Fabrik oder Docks (1500). Weiter haben manche Hamburger Veranstaltungsorte nach Meinung der Musikexperten nicht das richtige Flair für bestimmte Musiker. Bob Dylan könne man sich an der Feldstraße sehr wohl vorstellen, aber nicht im CCH. Konzertveranstalter wie Karsten Jahnke fordern seit Langem die mittelgroße Halle für Hamburg.

So hat das Projekt "St. Pauli Music Hall" schon viele Freunde. Doch es ist heikel. Die Fakten dahinter:

Der Real-Markt (100 Mitarbeiter) hat im Dezember die Aufgabe des SB-Warenhauses angekündigt und sucht einen Discounter als Nachfolger. Das Gebäude "schwächelt": Durchs Dach läuft der Regen. Eine Reparatur oder eine Sanierung würde Millionen kosten. Nach Informationen des Bezirks will das Unternehmen jedoch den 2011 endenden Mietvertrag mit der Stadt verlängern, um den Markt besser verkaufen zu können. Real-Sprecher Markus Jablonski sagt nur: "Wir führen Gespräche." Die Wirtschaftsbehörde will sich gar nicht äußern.

Der Bezirk Mitte hat mit den Stimmen von SPD und GAL im Hauptausschuss einen "Workshop" (ein städtebaulicher Ideenwettbewerb) beschlossen, mit 50 000 Euro ausgestattet und ein drei Seiten langes Papier ausgearbeitet. Der Bezirk fordert, dass der Mietvertrag mit Real nicht verlängert wird, bevor der Workshop tagt. Amtschef Markus Schreiber (SPD) ist für die Halle. "Das ist eine gute Idee. So ein Sahnestück gibt es sonst nicht."

Andy Grote (40), mit St. Pauli verhaftet und stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, sagt: "Die St. Pauli Music Hall hätte eine Scharnierfunktion, es geht aber besonders um eine kleinteilige Entwicklung des ganzen Areals, denn die Halle nimmt nur einen geringen Teil davon ein." Besonderer Wert müsse auf eine stadtteilverträgliche Entwicklung ohne Schickimicki gelegt werden. Grote: "Da darf nichts aufgeschickt werden, alles muss zu St. Pauli und dem Karoviertel passen." Um die Halle herum sollten Einzelhandel, Handwerksbetriebe, Büros für Kreativ- und Musikwirtschaft sowie Gastronomie Platz finden.

"Es geht um Stadtteilreparatur und einen wichtigen Baustein für die Stärkung Hamburgs als Musikstadt", sagt GAL-Mitte-Chef Michael Osterburg (47). Die CDU-Opposition im Bezirk "steht dem sehr offen gegenüber, da in der Musikszene der Bedarf besteht", sagt ihr Fraktionschef Gunter Böttcher (43), der sich dort auch "interessante Wohnmodelle" vorstellen kann.

Brigitta Martens (47), kulturpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagt: "Der Standort ist einfach ideal für die Halle, er muss jedoch sensibel entwickelt werden. Das gilt für den Betrieb, der in privater Hand liegen muss. Und die Hamburger Akteure müssen mitgenommen werden." Und das erfordere noch viele Gespräche.

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