Nach fast 50 Jahren kostenfreier Nutzung werden 7,20 Euro pro Quadratmeter Grünfläche fällig.

Hamburg. Der Blick vom Balkon der Wohnung von Traute Eichhorn fällt auf liebevoll angelegte Blumenbeete und eine kleine Rasenfläche. Ein Steg führt direkt in den Isebekkanal. Etwas mehr als 100 Quadratmeter ist die Fläche zwischen dem Haus und dem Wasser groß. Mehr als zwei Jahrzehnte hat die 83-Jährige diese kostenlos genutzt. Doch nun möchte die Stadt, der dieser Grundstücksstreifen gehört, dafür 7,20 Euro pro Quadratmeter im Jahr haben.

So wie Traute Eichhorn geht es mehr als 30 Anwohnern an der Isestraße im Bereich zwischen Hoheluftchaussee und Eppendorfer Baum. Die sind wenig begeistert und haben in einer Unterschriftenaktion ihrem Ärger Luft gemacht und diese an die Fraktionen in der Bezirksversammlung Eimsbüttel mit der Bitte um Unterstützung gesendet. In dem beigefügten Schreiben wird zwar Verständnis für die "wirtschaftliche Verwertung" der städtischen Liegenschaft gezeigt, der Mietpreis von 7,20 Euro pro Jahr und Quadratmeter aber als "weit überhöht" kritisiert. Das findet auch der FDP-Bezirksabgeordnete Jens Meyer (38) und stellt in einer ersten Reaktion den Vergleich mit einem Kleingarten auf und moniert: "Der kostet jährlich nur etwa 18 Cent pro Quadratmeter." Für Meyer ist die "ganze Angelegenheit" eine "Verwaltungsposse in Reinform, die den Amtsschimmel wiehern lässt".

Fakt ist: Die Flächen hinter den Häusern an der Isestraße gehören der Stadt. Für die Nutzung mussten die Anlieger seit fast 50 Jahren nichts bezahlen. Die Stadt hatte den damaligen Anliegern Anfang der Sechzigerjahre die Grundstücksstreifen am Isebekkanal zur kostenfreien Nutzung überlassen. Diese Vereinbarung soll weiter Bestand haben. Aber nur dann, wenn diejenigen, mit denen damals diese Verträge geschlossen wurden, auch heute noch hier wohnen. Oder aber die Verträge mit Zustimmung der zuständigen Finanzbehörde auf dritte übertragen wurden. Das ist aber laut Behörde nur in einem Fall so: "In den anderen Fällen haben die ehemaligen Wohnungs- beziehungsweise Hauseigentümer beim Verkauf die Verträge ohne Wissen der Stadt übertragen", so Sprecher Daniel Stricker. Das ginge so nicht, deshalb sei ein vertragsloser Zustand aufgetreten.

Damit das nicht so bleibt, sollen die Flächen nun "vermietet" werde. Angeschrieben wurden die Anlieger von der Firma Gladigau Immobilien, die für die Verwaltung und Vermietung unbebauter städtischer Flächen im Bezirk Eimsbüttel verantwortlich ist: "Wir haben festgestellt, dass die Stadt hier auf viel Geld verzichtet. Es ist doch legitim, dass die Anwohner für diese Flächen mit direktem Wasseranschluss jetzt Miete zahlen müssen", sagt Geschäftsführer Jan Gladigau. Zahlreiche Anwohner hätten auch bereits Mietverträge abgeschlossen. Allerdings weigern sich einige standhaft: "Es geht hierbei nicht um das Geld, sondern um das Prinzip. Wir pflegen diese Fläche seit Jahren und haben sie hergerichtet. Als Dank bittet uns die Stadt jetzt zur Kasse, das darf nicht sein", so eine Anwohnerin.

Doch wer nicht mietet, bekommt ein Problem: "Wer die Flächen nicht mieten möchte, muss diese der Stadt geräumt übergeben", so Gladigau. Eine Klage auf Räumung und Herausgabe eines "Grundstückstreifens" ist bereits beim Amtsgericht Hamburg anhängig - die Verhandlung ist am 29. April.