Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Es gab Zeiten, da zog Franz Beckenbauer im Stadion blank und präsentierte dem Publikum seinen Allerwertesten. Heute ist es schon ein Skandal, wenn der Däne Nicklas Bendtner das Trikot lupft und nur kurz den Bund seiner Unterhose aufblitzen lässt. Und dabei ging es nicht um Passform oder Farbe, sondern um den Schriftzug auf dem intimen Wäschestück. "Paddy Power" war da grün auf weiß zu lesen, die Werbung für einen irischen Sportwettenanbieter. Reklame? "Welche Reklame?", fragte Bendtner. "Ich habe die Hose von einem Kumpel als Glücksbringer geschenkt bekommen." Ach so.

Im Regelwerk der Europäischen Fußballunion (Uefa) für die Europameisterschaften in Polen und der Ukraine gebietet Paragraf 18.18 "werbefreie Ausrüstungsgegenstände". Inwieweit eine Unterhose zur Ausrüstung gehört, muss noch abschließend untersucht werden. Die Kicker sollen schließlich nicht wie Formel-1-Rennfahrer als lebende Litfaßsäulen herumlaufen. Es wäre ja noch schöner, wenn ein anderer als die Uefa aus dem europäischen Fußballfest Kapital schlägt.

Übrigens hat Schwedens Ersatztorwart Johan Wiland neulich eine perfekte Werbechance verpasst. Weil er bei einem Trainingsspielchen patzte, musste der Keeper die Hosen herunterlassen und seinen nackten Hintern als Zielscheibe präsentieren. Der blanke Wahnsinn rief Menschenrechtsorganisationen und Schwedens Ministerpräsident Reinfeldt auf den Plan. Aber was wäre das für eine Gelegenheit gewesen, ein Reklametattoo zu präsentieren! Zum Beispiel für Toilettenpapier oder Babycreme.