Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete, Vater von vier Kindern, begründet das auch mit der Erfahrung in Skandinavien

Eigentlich eine gute Nachricht: Es gibt eine neue soziale Wohltat in Form eines Betreuungsgeldes für ein- und zweijährige Kinder. Da muss es schon irritieren, wenn fast 70 Prozent der Deutschen diese Leistung ablehnen. Um es auf Bayerisch zu sagen, denn das ist eindeutig die Sprache des Betreuungsgeldes: San die narrisch?

Die Gegner sehen das Geld als Kita-Fernhalte-Prämie oder gar als Herdprämie an. Sie führen eine Vielzahl von Argumenten auf. So sprechen sie von den Kosten, von den sozialen und wirtschaftlichen Fehlsteuerungen sowiedavon, dass das Betreuungsgeld einer weiteren Emanzipation von Frauen entgegenstehen würde.

Um es klarzustellen: Unter diesen Gegnern reihe auch ich mich ein.

Die Befürworter hingegen sehen einen Kulturkampf gegen die Hausfrau und Mutter, deren Rolle endlich durch das Betreuungsgeld anerkannt werden muss. Auch wirkliche Entscheidungsfreiheit, sein Kind zu Hause zu betreuen, sei nur so gegeben.

Betreuungsgeld ist nicht neu, gibt es alles schon. Aber nicht in vermeintlich konservativen Ländern, sondern in den fortschrittlichen Ländern Skandinaviens. Die CSU an der Spitze des Fortschritts? Nicht ganz. Denn in Skandinavien hat man negative Effekte in Bezug auf die Annahme staatlicher Kinderbetreuung sowie auf die Beschäftigung von Müttern mit geringerer Bildung und mit Migrationshintergrund gemessen. Inzwischen denkt man deshalb zumindest in Norwegen und Schweden über die Abschaffung des Betreuungsgeldes nach. Wir in Deutschland wollen es aber einführen und nehmen diese Effekte sehenden Auges in Kauf. Genauso wie die Tatsache, dass auch Eltern dazu ermutigt werden, Kinder zu Hause zu betreuen, die damit eigentlich überfordert sind. Mitnahmeeffekte sind beim Betreuungsgeld sowieso zu befürchten.

Es gab auch in meiner Partei mal den Slogan: Arbeit soll sich lohnen. Diesem Grundsatz steht das Betreuungsgeld entgegen. Denn wenn Frau (oder Mann) in Teilzeit in den Beruf einsteigen will, bleibt vom Lohn schon so nicht viel übrig: Bei Kita-Zuzahlungen von bis zu 500 Euro, Kosten für eine weitere Monatskarte oder gar ein Auto sowie hohen Abzügen durch das Ehegattensplitting schrumpft auch ein gutes Gehalt zum Taschengeld. Wenn dann noch 150 Euro Betreuungsgeld entgehen, wäre eine Arbeitsaufnahme in den meisten Fällen ökonomischer Unsinn.

Das Betreuungsgeld ist somit eine Ermutigung, länger zu Hause zu bleiben, die Kinder länger selbst zu betreuen und keine staatlichen Betreuungsangebote zu nutzen. Die Wirtschaft klagt zu Recht, dass ihr durch das Gesetz wichtige Arbeitskräfte vorenthalten werden. Die Politik ist nicht der verlängerte Arm der Wirtschaft; aber eine Subvention, die den Interessen der heimischen Wirtschaft entgegensteht, ist schon ungewöhnlich.

Wie ist es jedoch um die Gerechtigkeit und Wahlfreiheit bestellt? Staatliche Betreuungsangebote kosten viel Geld. Aber sie werden auch aus gutem Grund subventioniert, denn nur sie ermöglichen den schnellen Wiedereinstieg in den Beruf - und damit erst Wahlfreiheit. Und sie nützen dem Staat, weil sie Steuereinnahmen, Beiträge für Sozialversicherung und Rente erhöhen. Das Geld ist also gut investiert. Eine Zahlung dafür, dass Eltern eine staatliche Leistung nicht in Anspruch nehmen, passt zudem nicht zu unserem Demokratie- und Rechtsverständnis, sonst müssten wir bald auch ein staatliches "Lehrlingsgeld" für jene zahlen, die keinen subventionierten Studienplatz in Anspruch nehmen.

Das Betreuungsgeld wird neben seinen direkten Kosten von mindestens 1,1 Milliarden Euro pro Jahr auch indirekte Kosten verursachen - dadurch, dass es Frauen geben wird, die deswegen nicht arbeiten gehen und Steuern zahlen würden. Zudem stellt sich die Frage, wie wir die Kosten dafür in Zeiten der Euro-Rettung und Schuldenbremse aufbringen wollen. Wir werden an anderer Stelle einsparen müssen.

Es gibt viele gute Argumente, das Betreuungsgeld abzulehnen. Ein Kulturkampf gehört für mich nicht dazu. Ich wünsche mir als Vater von vier Kindern und stolzer Großvater von zwei Enkeln durchaus Anerkennung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen. Das muss aber nicht durch einen Bonus, sondern auf gesellschaftlichem Wege erreicht werden. Ein Betreuungsgeld in der Form des vorliegenden Gesetzentwurfes werde ich im Deutschen Bundestag ablehnen.