Der Verkehr wird weiter wachsen. Aber die neue Regierung in Kiel stoppt wichtige Autobahnprojekte. Wie reagiert Hamburgs Senat?

Am 19. März hat Olaf Scholz in dieser Zeitung gesagt: "Wir sind uns mit den norddeutschen Ländern und dem Bund über die Notwendigkeit einer festen Elbquerung einig. Das steht in der Ahrensburger Liste (...), auf die sich die norddeutschen Ministerpräsidenten verständigt haben. Bei unserem Treffen (...) haben wir bekräftigt, dass wir diese Liste gemeinsam durchsetzen wollen. Hamburg steht zu dieser Vereinbarung." Keine drei Monate später ist diese markige Aussage offenbar kaum noch das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde. Und zwar dank des kräftigen Zutuns von Olaf Scholz und seiner Hamburger SPD: Intensive Kampagnenunterstützung leisteten die Genossen von der Elbe im schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf in diesem Frühjahr. Allein Scholz trat mit Torsten Albig in Kiel, Pinneberg, Ahrensburg und anderswo auf.

Auch wenn das Ergebnis von Albigs SPD im Land zwischen den Meeren und ganz besonders im Hamburger Umland mager blieb - nun wird er Ministerpräsident. Und seine Dänen-Ampel-Koalition will jetzt mit Grünen und SSW genau das stoppen, was Scholz mit dem von Schwarz-Gelb getragenen Vorgänger Carstensen eben noch gemeinsam "durchsetzen" wollte: die feste A-20-Elbquerung westlich von Hamburg, das wohl wichtigste Infrastrukturprojekt für die Metropolregion, ja für ganz Norddeutschland.

Die Folgen dieser Verkehrs-Verhinderungspolitik für den Norden wären katastrophal, würde sie Wirklichkeit: Der Elbtunnel ist schon heute das Nadelöhr für den gesamten gewerblichen wie privaten Kfz- und Lkw-Verkehr in Nordeuropa.

Mit drei Röhren einst für bis zu 70 000 Fahrzeuge geplant, drängen sich in vier Tunnelteilen heute bis zu 140 000. Und es werden noch mehr: Die nicht zuletzt dank der erfolgreichen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gut laufende Konjunktur lässt das Verkehrsaufkommen weiter wachsen. Prosperierende Industriecluster wie die maritime Wirtschaft, Luftfahrtindustrie, Ernährungs- und Energiewirtschaft sorgen für eine Zunahme des motorisierten Personenverkehrs um 7,1 Prozent, des Güterverkehrs um 28 Prozent und des Seehafen-Hinterland-Verkehrs um sogar 131 Prozent bis 2025, so die Prognose des Bundesverkehrsministeriums für den Norden. Das wird den Elbtunnel noch mehr überlasten, die hohe Zahl von gut 1000 Staustunden pro Jahr noch weiter steigen lassen.

Statt da mit einer Forcierung des bald 20 Jahre geplanten Ausbaus der Nordwestumgehung Hamburgs Abhilfe zu schaffen, lassen sich die Sozialdemokraten in Kiel nun auf die Vogel-Strauß-Politik von Grünen und Dänen-Minderheitspartei SSW ein: Problem einfach leugnen und Kopf in den Sand stecken.

Die Ostseeküstenautobahn A 20 soll an der A 7 enden, frei nach dem rücksichtslosen Motto: Pendler, Spediteure und Urlauber können ja im Stau rund um Hamburg gern noch mehr Kraftstoff verbrauchen und so die Umwelt belasten, ohne voranzukommen.

Diese fatale Verweigerungspolitik in Sachen Infrastrukturentwicklung ist offenbar Programm der Dänen-Ampel. Auch andere Projekte jener "Ahrensburger Liste", denen übrigens die SPD-Regierungschefs in Schwerin und Bremen ausdrücklich weiter zustimmen, sind den Genossen in Kiel nichts mehr wert: Der sechs- bzw. achtspurige Ausbau der A 7 zwischen Schnelsen und Bordesholm wird im Kieler Koalitionsvertrag nicht mal erwähnt. Dafür soll der bisher mit 60 Millionen Euro eingeplante Landeszuschuss für die Fehmarnbelt-Querung gestrichen werden - egal ob Schleswig-Holstein deshalb Verträge mit Dänemark und dem Bund bricht oder nicht.

Da fällt kaum noch ins Gewicht, dass auch der B-5-Ausbau zwischen Tönning und Husum, der manchen Sylt-Ausflügler gefreut hätte, dank Dänen-Ampel nur noch abschnittsweise kommen soll.

Was nun also, Herr Bürgermeister? Wollen Sie die rückschrittliche und wirtschaftsfeindliche Infrastrukturpolitik Ihres neuen Kieler Kollegen einfach so hinnehmen? Geht Ihnen, Herr Bürgermeister, die Genossen-Solidarität aus dem Wahlkampf über die Wahrung Hamburger Interessen? Werden Sie schweigen, wenn man in Kiel zur Schädigung Hamburgs rüstet - oder werden Sie etwas tun, Herr Scholz?