Eine Glosse von Tino Lange

Wenn die Deutsche Nationalmannschaft am heutigen Sonnabend zu ihrem ersten EM-Spiel gegen Portugal auf den Rasen trabt, werden manche Medienvertreter sicher wieder genau hinsehen, wenn die Nationalhymne erklingt. Wer singt mit? Und wer nicht? Wir erinnern uns an einen sogenannten Aufreger vor zwei Jahren, als zum Beispiel Lukas Podolski, Mesut Özil, Sami Khedira oder Dennis Aogo nur zuhörten, auch aus Respekt vor ihren Ahnen in Polen, in der Türkei, Tunesien oder Nigeria.

Bis auf einige Sportreporter und Fans hat das eigentlich niemanden gestört. Und der Kaiser war natürlich ergrimmt: "Alle sollten die Hymne singen, man hat dann eine ganz andere Einstellung", forderte die vom eigenen Glanz leicht angebrühte Lichtgestalt Franz Beckenbauer. Mit Singen kennt er sich ja aus, der Franz. "Gutä Froindä gann niemand drännen", säuselte der eleganteste Verteidiger aller Zeiten 1966. Neben seinen vier Eigentoren auf dem Spielfeld ein satter Treffer im eigenen Leierkasten.

Unvergessen sind natürlich auch Beckenbauers Auftritte mit dem DFB-Chor, der uns zum Beispiel 1974 den Hit "Fußball ist unser Leben" mit der geradezu philosophischen Auftakt-Zeile "Ha! Ho! Heja Heja He!" schenkte. Müller, Vogts, Breitner, Schwarzenbeck, Heynckes, Overath und die anderen Helden der Nation verbreiteten aus voller Brust noch echte Bomber-Stimmung. Daran sollten sich Jogis Löwen mal ein Beispiel nehmen. Statt sich zu fragen, warum kein einziger der 74er-Weltmeister damals die Nationalhymne mitgesungen hat.