Um Fachkräfte zu werben, muss die Regierung zulegen

Dass die Werbung oft nicht das hält, was sie verspricht, lernen Kinder schon im Vorschulalter. Weder kann Schokolade von einer lila gefleckten Kuh kommen, noch werden Supermarkt-Kekse in rustikalen Backstuben von hübschen Bäckerinnen zubereitet. Aber Werbung ist eben dazu da, eine Scheinwelt zu schaffen und dem Produkt so einen verlockenden Charakter zu verleihen. Diesen Kniff macht sich jetzt auch die Bundesregierung zu eigen, indem sie eine groß angelegte Werbeoffensive für ausländische Fachkräfte startet. Doch was bei Süßigkeiten funktionieren mag, reicht bei einem der größten Probleme der Bundesrepublik, dem Fachkräftemangel, nicht mal annähernd aus. Die Ankündigung einer "Willkommenskultur" ist bei Weitem nicht genug.

Zwar ist es ein richtiges und wichtiges Signal an Ausländer, wenn sie spüren, dass sie in Deutschland gewollt sind; wenn es Beratungsangebote gibt, die ihnen durch den Bürokratiedschungel helfen, der selbst die Einheimischen abschreckt. Doch worauf wird ein junger Ingenieur aus Asien oder eine Pflegefachkraft aus Spanien achten, wenn es darum geht, in einem fremden Land ein neues Leben anzufangen? Es sind die Rahmenbedingungen, die stimmen müssen: Dazu zählen Verlässlichkeit durch ausreichend hohe Löhne und unbefristete Arbeitsverträge - doch nach wie vor gibt es unsichere Beschäftigungsverhältnisse und einen krisenbedingten Spardruck, den die Arbeitnehmer auch auf dem Gehaltszettel spüren. Und wer auswandert, tut das häufig nicht allein: Bekommt auch der Partner einen Job? Gibt es für die Kinder gute Schulen und Universitäten oder nur überfüllte Klassenzimmer und Hörsäle?

Nicht zuletzt ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein wichtiges Kriterium. Doch der Ausbau der Kinderbetreuung kommt nur langsam voran und auch die Unternehmen haben noch nicht ausreichend erkannt, dass sie jungen Familien mehr Flexibilität bieten müssen, wenn sie neues Personal brauchen. Überall hier müsste die Bundesregierung Impulse setzen, vor allem finanziell. Sonst wird der schöne Schein der Werbung ganz schnell durchschaut.