Ihr Atem ging flach, und sie redete ohne Punkt und Komma. Ihre Worte waren ein fürchterliches Durcheinander. Ganz wie ihr Leben, das aus den Fugen geraten war. Vielleicht war es das, was sie mir sagen wollte. "Ich versuche, alles zu erklären, aber keiner versteht mich..."

"Ich auch nicht", dachte ich ratlos, "weiß Gott, was ihr Problem ist." Weiß Gott?! Ich nahm mich beim Wort: "Vielleicht erst mal tief durchatmen! Gott weiß schon, was los ist."

Dann war es wie die Stillung des Seesturms. Mit den tiefen Atemzügen kamen die Tränen.

Manchmal helfen Erklärungen nicht weiter. Nach einer langen Pause ein Satz. Er fiel in die Stille wie ein Stein ins Wasser: "Ich habe Angst."

"Was kann ich für Sie tun?"

"Vielleicht beten?", entgegnete sie ganz leise, zögernd.

Ich nahm ihre Hände und betete. Mittendrin fiel mir Astrid Lindgrens Madita ein, wie sie für ihren todkranken Freund Abbe betet, dass er lebt und die Krankheit besiegt. Das hatte ich am Abend zuvor meiner Tochter vorgelesen: Madita krabbelt zum Beten in den großen Wandschrank und zwischen den Mänteln ruft sie Gott an aus tiefstem Kinderherzen. Abbe wird gesund.

Ich legte der Frau die Hände zum Segen auf und sagte: "Vielleicht können Sie sich vorstellen, dass Gott einen schützenden Mantel um Sie legt."

Ein Schutzmantel passt zu Maditas Gebeten zwischen Mänteln. Und vielleicht passt er auch zu dieser Frau und schützt sie vor den Unwettern des Lebens. Das Wort Mantel stammt übrigens von dem lateinischen "cappa", in der Verkleinerungsform "capella" - eine kleine Kirche, ein Ort, an dem Gott da ist, uns umgibt und schützt. Ein unsichtbarer Schutzmantel ist wie eine kleine Kapelle zum Mitnehmen.

Die Frau murmelte leise: "Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir." Es war ihr Taufspruch, der ihr plötzlich einfiel. Im Gehen sagte sie lachend: "Danke für den Mantel! Wie praktisch - den kann ich überallhin mitnehmen. Keiner sieht, wenn ich den aus der Tasche ziehe und mir umlege. Aber Gott weiß, was los ist."

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