Heute wird Hamburgs Jahr als Europas Umwelthauptstadt bilanziert. Dabei droht dieses wichtige Politikfeld in der Besenkammer zu landen

Am heutigen Donnerstag wird das europäische Umwelthauptstadtjahr 2011 bilanziert, seit gut einem Jahr hat Hamburg eine neue Regierung, und in Kürze schaut die Welt auf das, was wir 20 Jahre nach der wegweisenden Uno-Konferenz von Rio de Janeiro geschafft haben.

All das sind Gründe genug, einmal einen intensiven Blick auf die Hamburger Umweltpolitik zu werfen. Werden die Herausforderungen ernst genommen oder in die üblichen Sonntagsreden geschoben?

Um eine Entwicklung zu beurteilen, gibt es Indikatoren, auch in Hamburg. Hier muss man feststellen, dass viele Trends derzeit in die falsche Richtung gehen. Jedes Jahr versiegeln wir in Hamburg eine Fläche, die größer ist als die Außenalster. Die Belastung an Luftschadstoffen, die uns der motorisierte Verkehr in die Großstadt bringt, liegt deutlich über den Grenzwerten. Und die Roten Listen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten werden länger statt kürzer.

Der Klimaschutz - einst eine der Paradedisziplinen der Hamburger Umweltschutzpolitik - wird gerade abgewickelt. Die Klimaleitstelle und die Hamburger Energieagentur sollen wohl vollständig geschleift werden, Förderprogramme für die energetische Sanierung werden gekürzt oder in den normalen Wohnungsbau umgelenkt.

Die jüngsten Verträge mit den Energieversorgern Vattenfall und E.on verkauft die Stadt als große Energiewende, aber kein einziger Euro des angeblichen 1,6-Milliarden-Investitionspakets fließt in den Ausbau erneuerbarer Energien. In der Verkehrspolitik, die naturgemäß eine große Schnittmenge zur Umweltpolitik hat, verabschiedet sich der Hamburger Senat vollständig von irgendwelchen Ambitionen. Die entlastende Wirkung eines vom Senat statt der Stadtbahn geplanten modernen Bussystems wird auch von Experten gegen null prognostiziert, und Antworten auf einen steigenden Verkehr sowie auf die zusätzlichen Belastungen vieler Hamburger durch Lärm und Luftschadstoffe gibt es nicht.

Der Verweis auf die Chancen der Elektromobilität entpuppt sich bei näherem Hinsehen als reine Schaumschlägerei. Der Zielvorgabe von 15 000 Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden bis 2015 - und dies ist optimistisch - steht ein aktueller Hamburger Fahrzeugbestand von mehr als 830 000 Fahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren gegenüber. Das klingt nach dem berühmten Tropfen auf den heißen Stein.

Zugegeben, es werden Naturschutzgebiete erweitert und neue Landschaftsschutzgebiete wie gerade im Wilhelmsburger Osten eingerichtet. Dies ist gut und richtig, relativiert sich aber, wenn man anschaut, wie ansonsten mit unserem Grün in der Stadt umgegangen wird. Wir haben ein massives Nachpflanzdefizit bei den Straßenbäumen, die Sicherung des Biotopverbundes kommt nicht recht voran, und die fachgerechte Pflege und Entwicklung des öffentlichen Grüns sind seit Jahren hoffnungslos unterfinanziert.

Die Hansestadt will die Elbe erneut vertiefen und kümmert sich zu wenig um Hamburgs Gewässer. Der klare gesetzliche Auftrag, beispielsweise die Durchgängigkeit der Flüsse und Bäche in der Hansestadt zu verbessern, wird nur halbherzig umgesetzt. Nur ganze fünf von 32 Gewässern werden bis 2015 einen guten ökologischen Zustand erreichen.

Die Hamburger Umweltpolitik ist nicht gut aufgestellt. "Gutes Regieren" kann und darf nicht dazu führen, dass dieses wichtige Politikfeld in der Besenkammer landet. Senat und Verwaltung wären gut beraten, die Ergebnisse der Umweltdialoge aus dem vergangenen Jahr und die Bürgerideen der Internetaktion Nexthamburg zu nutzen. Dortist fast alles aufgezeigt, wie ein zukunftsfähiges Hamburg funktionieren kann.