Partnervermittlung: Eine Agentur bringt Gastronomen und Landwirte zusammen und sorgt so für mehr regionale Speisen auf den Tellern.

Altona Altstadt/Fliegenberg. Von Partnervermittlung hält Heiner Wischendorff eigentlich nicht so viel. Schließlich ist der Gärtnermeister verheiratet. Seit 24 Jahren mit derselben Frau, er hat drei Kinder, einen Hof und Sinn für Bodenständigkeit. Und dann hat der 50-Jährige sich doch auf eine neue Beziehung eingelassen. Und das auch noch mit einem Mann. Sehr zur Freude seiner Frau. Der Neue heißt Karl Knipping, hat ein Café, kann backen wie kein Zweiter und interessiert sich sehr für die Dinge, die Herr Wischendorff tut. Jetzt sind die beiden Männer ein Paar.

Eingefädelt hat die Liaison Christian Keil. Und es soll nicht die letzte Verkupplung gewesen sein. Der Geschäftsführer der Agentur Schmeckt's will innerhalb eines Jahres 50 Hamburger Köche und ebenso viele Landwirte aus der Region zusammenbringen. "Koch sucht Bauer" heißt die Aktion, deren Ziel es ist, mehr regionale und saisonale Speisen auf die Teller zu bringen und gleichzeitig die lokale Wirtschaft zu stärken.

"So eine Verbindung kann in vielerlei Hinsicht gewinnbringend sein", sagt Keil, dessen Engagement kostenlos und gebührenfrei ist. Und den die Tatsache zum Handeln treibt, dass viele Hamburger Gastronomen noch immer ihr Gemüse Tausende von Kilometern weit transportieren lassen, anstatt sie aus den nahe liegenden Gärten und Ställen zu beziehen. "Diesen CO2-Ausstoß können wir uns sparen", dachte Keil. "Wir haben hier doch alles auf unseren Feldern, in unseren Gewächshäusern und Ställen: Salat und Gurken, Erdbeeren und Spargel, Äpfel, Birnen, Kirschen, Honig, Milch und Fleisch."

All das werde quasi vor der Haustür produziert. Warum also in die Ferne schweifen? Da gibt es den Gemüsebau Wischendorff zum Beispiel, in dessen Gewächshäusern in Fliegenberg am Elbdeich der Gärtner unzählige frische Kräuter zieht. Bei tropischen Temperaturen im warmen Licht der Hamburger Sonne gedeihen sie prächtig. 150 000 Töpfchen stehen auf den großen Tischen: Blutampfer, Basilikum und Bohnenkraut, Kerbel und Koriander, Thai-, African Blue und Zitronenbasilikum. Und über 15 verschiedene Sorten von Minze. Ananas-, Schoko-, Cocktail- und Spearmint-, Erdbeer- und Orangen-, spanische und marokkanische Minze. Heiner Wischendorff fährt die frischen Kräuter persönlich jede Nacht um kurz nach Mitternacht auf den Hamburger Großmarkt. Er hätte nie die Zeit gefunden, Karl Knipping kennenzulernen.

Denn eigentlich sind Wischendorff und Knipping ein völlig ungleiches Paar. Karl Knipping geht ins Bett, wenn Heiner Wischendorff aufsteht. Der eine steht am liebsten am Backofen, der andere am Kräuterbeet. Knipping braucht die Stadt, Wischendorff das Land. Nur wenn es um die Qualität von Lebensmitteln geht, sind sich die beiden einig. "Die", sagen sie, "muss exzellent sein." Und das heißt: ohne Chemie und frisch auf den Tisch. Karl Knipping, Inhaber des Cafés Schmidt's am Bescherplatz 10 in Othmarschen und in der Großen Rainstraße 15 in Ottensen, verarbeitet ausschließlich ausgewählte Rohstoffe. Der Gast kann sich persönlich ein paar Kilometer weiter in der Großen Elbstraße 212 davon überzeugen. In der gläsernen Backstube werden täglich die frischen Kräuter angeliefert, die Knipping für seine Apfeltorte mit Rosmarin oder das Joghurt-Basilikum-Mousse braucht. Künftig kommen diese direkt vom Hof Wischendorff.

Die Logistik übernimmt der Hamburger Bauerngarten, ein Zusammenschluss von 150 landwirtschaftlichen Betrieben mit dem Ziel, regionales und saisonales Obst und Gemüse in den Handel und die Gastronomie zu bringen. Mit der Aktion "Koch sucht Bauer" sollen sich innerhalb von zwölf Monaten, bis Pfingsten 2013, mindestens 50 Paare finden, die dann bei einer großen Kochshow in den Hallen des Hamburger Großmarktes zeigen, dass ihre "Liebe" wortwörtlich durch den Magen geht.

Bereits jetzt stehen rund 20 Gastronomen auf der einen Seite der Anwärterliste. Darunter das Hotel Baseler Hof, das Steigenberger Hotel, das Hard Rock Café, das Au Quai und das Louis C. Jacob, für dessen Küchenchef, Sternekoch Thomas Martin, es ohnehin eine Herzensangelegenheit ist, regional zu kaufen.

Auf der anderen Seite der Bewerber stehen unter anderem Obstbauer Jordans, die Käserei Schmidts, die Honigmanufaktur Heidemann und Agnus-Rinderzüchter Schwarz. Weitere Landwirte, vor allem aus der Fleisch- und Milchproduktion, werden noch gesucht. Sie können sich direkt bei Christian Keil unter c.keil@schmeckts.net melden. Dieser wird die entsprechenden Kontakte einfädeln und hofft, dass es auch zwischen den anderen funkt. So wie bei Heiner Wischendorff und Karl Knipping, deren Beziehung nicht nur frisch und nachhaltig ist, sondern auch inspirierend. So hat der Gärtnermeister in seinem Kräuterportfolio saftig grünes Zitronen-Basilikum, das beim Konditor auf fruchtbaren Boden fällt. Er plant, im kommenden Jahr auch Eis herzustellen. Die erste Sorte steht schon fest: Limone-Basilikum.