Pfingsten hielt es niemanden mehr im Hause. Die Jünger, Freundinnen und Freunde Jesu trieb es nach draußen. Innerhalb von 50 Tagen erlebten sie das dritte große Wunder. Zuerst am Ostertage die Frohbotschaft: Gott hat Jesus von den Toten auferweckt! 40 Tage bleibt er unter ihnen, lehrt sie noch einmal neu vom Gottesreich. Um doch gen Himmel aufgehoben zu werden in einer Wolke. Ihr werdet meine Zeugen sein, hatte er ihnen gesagt, in Jerusalem, Galiläa, bis an die Enden der Erden.

Doch dafür braucht es Mut. Die Tür öffnen, heraustreten, den Menschen nahekommen. Darum dieses Pfingstwunder: Gottes Geist braust wie gewaltiger Wind, geistvoll gehen sie hinaus auf den Marktplatz der Welt und predigen. Eine bunte Schar von Leuten versteht die Rede, als wäre sie in ihrer Muttersprache. Mehr als 3000 Menschen an diesem Tag. Parther, Meder, Elamiter, Judäer, Kappadozier, Asiaten, Ägypter, Araber, die von der Insel Kreta und nicht zuletzt die aus der Metropolregion Rom.

Pfingsten 2012 in Ratzeburg. Eine bunte Schar, vielleicht dreimal 3000 Menschen. Evangelisch, lutherisch und norddeutsch werden wir Gott loben und miteinander feiern. Jeder in seinem Dialekt und mit seinem Temperament: Lauenburger und Mecklenburger, Angeliter und Pommern, die von den Inseln Usedom und Sylt, Süddänische und Westpolnische, Dithmarscher und nicht zuletzt die aus der Metropolregion Hamburg-Lübeck.

"Wir setzen Segel!" So lautet unser Signal dafür, dass wir hinausgehen wollen; Ost und West gemeinsam. Heraus aus norddeutscher Unterkühlung, Sturheit, Maulfaulheit, Kirchturmdenken und Glaubensscheu. Wir dürfen Gottes guten Geist spüren. Wollen die Ohren auftun für den Ruf Jesus, ihm zu folgen. Möchten Gottes Schöpfung gut bewahren, dass die Erde bewohnbar bleibt Generation um Generation.

Jede der mehr als 1000 Kirchengemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland nimmt aus Ratzeburg eine kleine Linde mit. Und wird einen Ort finden, wo dieser Baum eingepflanzt wird und wachsen kann. So wie auch die Nordkirche erst ganz jung ist, Hege und Pflege braucht, Sonne, Wind und Regen.

Die Sanftheit Gottes findet damit Ausdruck, die alle Angst weichen lässt, uns tröstet und unseren Blick hebt. Wir sehen uns in Ratzeburg, so hoffe ich! Frohe Pfingsten im Norden!

Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, bischofskanzlei-hh@nordelbien.de