Die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein will keinen Nordstaat, aber engere Zusammenarbeit in der Metropolregion

Ein Schreckgespenst geht um in der Metropole Hamburg. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen Minderheit, könnte Schleswig-Holstein mitregieren und den Blickwinkel der Kieler Politik von der Elbe nach Dänemark lenken.

Es ehrt uns, dass dem SSW zugetraut wird, sich auf ganzer Linie in den Koalitionsverhandlungen durchzusetzen. Doch selbst wenn dem so wäre, hätte dies nicht den befürchteten Effekt.

Die Freie und Hansestadt Hamburg und ihr Umland in der Metropolregion gehören zu den wirtschaftlichen Motoren Schleswig-Holsteins. Jedwede Landesregierung wird darauf achten müssen, dass dieser Motor nicht ins Stocken gerät. Wir werden im Gegenteil viel Energie verwenden müssen, die Zusammenarbeit mit Hamburg zu vertiefen und zu verbreitern. Aus meiner Sicht bietet gerade die klare Absage des SSW an einen ökonomisch zweifelhaften Nordstaat die Chance, in den kommenden fünf Jahren einen deutlichen Schritt voran zu tun. Es muss endlich konkret geplant werden, wie die Zusammenarbeit der beiden Länder verbessert werden kann.

Bei den Verwaltungen gibt es nach wie vor große Potenziale, etwa im Bereich der öffentlichen IT und durch ein gemeinsames Beschaffungswesen. Politisch geht es etwa um eine starke Kooperation bei der Energiewende, eine gemeinsame Nahverkehrsplanung und eine eng koordinierte Landesplanung. Auch muss endlich eine gemeinsame Schulplanung beidseits der Landesgrenze in Angriff genommen werden, wenn das bisherige Gastschulabkommen 2014 ausläuft.

In der Metropolregion muss die Wirtschaftspolitik vertieft werden, etwa durch ein gemeinsames Cluster-Management. Und schließlich muss es einen kraftvollen Auftritt beider Länder beim Bund geben, um Verkehrsprojekte wie die A 20 und den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals zu sichern.

Um all dies zu verwirklichen, brauchen wir einen umfassenden und langfristigen Handlungsplan für die Zusammenarbeit der Länder und in der Metropolregion. Es muss klar benannt werden, welche Schritte in welchem Zeitraum möglich sind. Nur wenn der gemeinsame Motor rund läuft, kommt Schleswig-Holstein auf Touren.

Erst wenn all dies gesagt ist, müssen wir auch eingestehen, dass damit allein die Probleme des Nordens nicht gelöst sind. Die Sonne Hamburg strahlt weit nach Schleswig-Holstein und wärmt große Teile des Landes. Aber es gibt auch Regionen, in die allenfalls noch ein Dämmerlicht fällt und in denen ebenso wenig das Licht ausgehen darf. Sie dürfen im Kieler Landeshaus nicht übersehen werden. Für die Kreise im Landesteil Schleswig macht es wenig Sinn, der Metropolregion beizutreten.

Der Konflikt um die Husumer Windmesse hat exemplarisch gezeigt, dass nicht alles, was im Interesse Hamburgs ist, auch dem Wohl Schleswig-Holsteins dient. Deshalb wollen wir eine Wirtschafts- und Strukturpolitik, die sich auch über die Zukunft der Menschen in jenen Regionen Gedanken macht, die nicht von der Metropolregion profitieren. Das bedeutet aber weder eine gigantische Umverteilung zulasten des Hamburger Rands noch die Vernachlässigung der Beziehungen zu Hamburg. Das Einzige, was wir Hamburg abverlangen, ist mehr Verständnis für ganz Schleswig-Holstein. Genauso wenig, wie Hamburg nur aus der City und der Reeperbahn besteht, ist Schleswig-Holstein nur das Hamburger Umland und Sylt. Es gibt viele Regionen mehr, für die eine Kieler Landesregierung Verantwortung trägt.

Wenn Hamburg akzeptiert, dass unsere Interessen sich nicht zu 100 Prozent decken und dass Schleswig-Holstein auch legitime eigene Interessen hat, ist das die beste Grundlage für einen fruchtbaren Paarlauf auf Augenhöhe. Dasselbe gilt für die verstärkte Zusammenarbeit mit Dänemark, die nicht nur für den Norden des Landes Vorteile bringt, sondern auch handfeste Chancen für die Wirtschaft in der Metropolregion birgt. Insofern ist eine Sichtweise falsch, die in der norddeutschen Zusammenarbeit und der deutsch-dänischen Zusammenarbeit konkurrierende Ansätze ausmacht. Sowohl die verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen des regionalen Entwicklungskonzepts entlang der A 7, die verstärkte Kooperation von Hochschulen und Forschungseinrichtungen als auch ein gemeinsamen Vorgehen in der Ostseekooperation und auf europäischer Ebene können Hamburg handfeste Vorteile bieten.

Kurzum: Wenn Schleswig-Holstein stärker darauf setzt, seine Brückenfunktion nach Norden zu nutzen, dann profitiert auch die Metropole Hamburg.