Beim Champions-League-Finale am Sonnabend in München wollen Uli Hoeneß und Roman Abramowitsch ihr Lebenswerk krönen

Da war sie wieder, die Abteilung Attacke. "Wenn der den Stecker zieht, kannst du die als Puzzle am Kiosk kaufen", polterte Uli Hoeneß, der allmächtige Präsident des FC Bayern München, diese Woche. Ziel seines Angriffs waren Roman Abramowitsch und dessen Fußballteam, der FC Chelsea, an diesem Sonnabend Gegner der Bayern im Finale der Champions League.

Der Russe hat 2003 den Londoner Klub für 200 Millionen Euro übernommen und seitdem 1,1 Milliarden Euro in die Vereinskassen gepumpt, um sich seinen Traum zu erfüllen: den großen europäischen Titel. Bisher vergeblich.

Geldvermehrer Hoeneß gegen Geldvernichter Abramowitsch, so lautet für viele das eigentliche finale Duell in der Fußball-Königsklasse. Hoeneß befeuert diesen Blickwinkel. Es gehe doch "um sportlichen Erfolg auf Basis wirtschaftlicher Vernunft", formulierte er im Vorfeld genüsslich. Sein Verein werde das Geschäftsjahr bei einem Triumph mit 25 Millionen Euro Gewinn abschließen, kündigte Hoeneß an und überließ es den Zuhörern, die gedankliche Klammer zu setzen: "Und derAbramowitsch macht wieder 80 Millionen Miese." Das vom europäischen Fußballverband Uefa geforderte "Financial Fairplay" (maximal 45 Millionen Euro Verlust über drei Jahre) ist für Chelsea in der Tat noch in weiter Ferne.

Schon früher hat Hoeneß zugegeben, dass er sich ärgert, wenn er einmal in der Woche zum Tanken fährt. "Diese Ölmafia zieht mir das Geld aus der Tasche, um es in Fußballspieler zu stecken. Das stinkt mir gewaltig."

Hoeneß, der Sohn eines Metzgermeisters, hat schon alles mit den Bayern gewonnen, als Spieler und als Funktionär. Dreimal Europapokalsieger, zigmal Meister und Pokalsieger. Abramowitsch, aufgewachsen in Uchta, 1300 km nördlich von Moskau, kann noch nicht mal eine Kreismeisterschaft vorweisen. Die Krönung seines Wirkens aber wäre für Hoeneß ein Finalsieg in der Champions League im eigenen Stadion. 1979, als er den Managerposten übernahm, lag der Umsatz bei sechs Millionen Euro. Jetzt vermeldete Hoeneß stolz das Erreichen der 350-Millionen-Euro-Umsatzmarke. In sechs Jahren soll die Allianz-Arena, wo heute das Endspiel angepfiffen wird, abbezahlt sein. Auf dem Festgeldkonto lagern 130 Millionen Euro, um bei Bedarf die Bayern-Position zu festigen.

Der Zeitpunkt scheint wieder einmal gekommen zu sein. "Wir werden unsere Mannschaft so lange verstärken, bis wir wieder alleine sind. Und: Wir haben das Geld dazu", sagte Hoeneß.

Sätze, die man eher von Abramowitsch erwarten würde. Doch der Ölmagnat, dessen Vermögen auf 17 Milliarden Euro geschätzt wird, tut das, was er am liebsten tut: Er schweigt. Der45-Jährige, der einst mit Gummienten und Altreifen handelte, verdankt seinen steilen Aufstieg Michail Gorbatschow, der während der Perestroika private Unternehmen erlaubte. Dass sein unternehmerisches Geschick noch nicht den maximalen Ertrag - den europäischen Titel - eingebracht hat, bedrückt den erfolgsverwöhnten Abramowitsch; doch er beweist eine weitaus bessere Kondition als andere Investoren. Zudem pflegt er (wie Hoeneß) einen engen Kontakt zu den Spielern. Der Fußball als Familienersatz für den Russen, der als Vollwaise beim Onkel aufwuchs?

Leidenschaft, gepaart mit Machtkalkül, so funktionieren beide Alphatiere. Ihr Motto: Ich kann erreichen, was ich will. Ihre Lebensgrundlage aber ist grundverschieden. Hier der Wurstfabrikbesitzer, der mit seiner Frau Susi (Hochzeit 1973) am Tegernsee lebt und sich seit Jahren für wohltätige Zwecke einsetzt. Dort der (geschiedene) Unsichtbare, der Anwesen in Großbritannien, Südfrankreich und in Moskau besitzt und mit seiner 162 Meter langen Yacht "Eclipse" - von Blohm + Vossfür 750 Millionen Euro in Hamburggebaut - um die Welt reist.

Hoeneß oder Abramowitsch? Nur für einen wird am Sonnabend ein Traum wahr: Der eine kann mit dem siegreichen "Finale dahoam" etwas Einmaliges schaffen. Der andere will die Jagd nach dem Pokal beenden. Es wäre das letzte Puzzleteil für den Russen -eines, das man mit Geld nicht kaufen kann.