Umweltminister Röttgen macht in NRW eine unglückliche Figur

Auf den letzten Metern seiner Kampagne hat sich Nordrhein-Westfalens CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen als Wahlkampf-Turbo für SPD und FDP erwiesen. Sein irrlichternder Anlauf auf das Ministerpräsidentenamt im bevölkerungsreichsten Bundesland droht an diesem Sonntag in einer Peinlichkeit zu scheitern. Die Umfragen sprechen für die Fortsetzung einer rot-grünen Landesregierung mit Hannelore Kraft an der Spitze. Dass sich Röttgen bislang weigerte, im Falle einer Niederlage Auskunft über seine Zukunft zu geben, belastete den wichtigsten Wahlkampf des Jahres ohnehin. Inzwischen ist es unerheblich, ob Röttgen Bundesumweltminister in Berlin bleibt oder den Oppositionsführer in Düsseldorf gibt.

Strategisch ungeschickt hat der smarte Unionspolitiker die Landtagswahl zum Urteil über Angela Merkels Euro-Rettungskurs erklärt - auch wenn er gestern wieder zurückruderte. Damit lädt er schon im Vorfeld Gedeih und Verderb der CDU an Rhein und Ruhr auf die Schultern der Kanzlerin.

Röttgens Frust über die Ausweglosigkeit in einer festgefahrenen Aufsteigerkarriere hat sich offensichtlich Bahn gebrochen. Einer der Kandidaten auf den Kanzlersessel nach einer Ära Merkel ist eine "lame duck" geworden. Dabei hatte sich Röttgen geschmeidig an die Spitze der NRW-CDU manövriert. Dann aber kam ihm der Wahlkampf dazwischen. Denn die rot-grüne Minderheitsregierung war unerwartet geplatzt. Umweltminister Röttgen musste die Kandidatenrolle annehmen, obwohl ihn als Bundesminister mit Nordrhein-Westfalen kaum mehr als ein Wohnsitz verbindet. In Berlin war sein Ressort in die Bedeutungslosigkeit gerutscht. Zudem stockt die Energiewende. Und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) spart nicht mit Ratschlägen. Merkel sieht mit Bitternis, dass Röttgen durch seine Alleingänge dem Berliner Juniorpartner FDP die Stimmen zutreibt.

Die Kanzlerin kann auch im Falle einer Röttgen-Schlappe weiterregieren. Nur wird es dank der neuen Mehrheiten im Bundesrat noch ungemütlicher. Und die personelle Misere der CDU wird offenbar: Nach Merkel kommt lange nichts.