Neustadt. Sie faltet die zitternden Hände, wischt sich mit einem Taschentuch die Tränen aus dem Gesicht. Für den Mord an ihrem Lebensgefährten steht Blanka D. seit gestern vor dem Landgericht - doch die 38-Jährige streitet den Vorwurf ab.

Acht Jahre waren Rafael S., 37, und Blanka D. ein Paar, im Januar 2012 wollten sie heiraten. Dabei stand die Beziehung zwischen dem alkoholkranken Mann und der Reinigungsfachkraft schon lange unter keinem guten Stern mehr. "Er war sehr eifersüchtig, einmal hat er mich sogar zum Sex gezwungen", sagte die Angeklagte gestern. "Ständig gab es wegen Nichtigkeiten Streit." Sie habe ihn aber geliebt. Trotz allem.

Auch am 9. Dezember flogen zwischen dem Paar die Fetzen, als sie sich in der gemeinsamen Wohnung an der Osterfeldstraße (Lokstedt) - im Beisein von zwei Freunden - mal wieder betranken. Mit einem Küchenmesser in der Hand sei sie zu ihrem auf dem Sofa sitzenden Freund gegangen. Wenn er sie weiter erniedrige, werde sie ihn entmannen, habe sie ihm eigentlich drohen wollen. "Aber ich wollte ihm nur Angst machen, ihn nicht verletzen." Da habe sich Rafael S. plötzlich erhoben, ihre Hand gepackt und sich das Messer seitlich in den Körper gerammt. Der Stich zerfetzte die Bauchschlagader des 37-Jährigen, der noch am Tatort verblutete. Schon ein Jahr zuvor habe ihr Freund versucht, sich mit Tabletten das Leben zu nehmen, sagte die Angeklagte.

Warum Blanka D. das Messer danach aus der Wunde zog und abwusch, daran will sie sich heute nicht mehr erinnern können. "Ich stand unter Schock, war sehr betrunken", sagte sie. In jener Nacht wurde ein Alkoholwert von 2,9 Promille festgestellt.

Die Staatsanwaltschaft geht deshalb davon aus, dass sie die als heimtückischer Mord angeklagte Tat im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangen hat. Dass sie Bekannten wenige Tage vor der Tat erzählt habe, sie werde ihren Freund erstechen, bestritt Blanka D. gestern energisch. Der Prozess wird fortgesetzt.