Nach dem Genuss kommt das S-Methyl-thioacrylat. Was das unschuldige weiße Gemüse im Mai so alles bewirkt

"Non olet!" Es stinkt nicht! Das soll der römische Kaiser Vespasian zu seinem Sohn Titus gesagt haben, als der sich für seinen Vater genierte, dass dieser, es war um 70 nach Christus, eine Latrinensteuer einführte. Der Kaiser hielt seinem Sohn eine Münze unter die Nase. "Riechst du was? Na also! Nichts! Geld stinkt nicht."

Jetzt, im Mai 2012, hat der großartige Humorzeichner Mette im "Stern" den Gegenbeweis geführt, dass Klo-Geld doch streng riecht, streng riechen muss. Er hat einen Cartoon mit einem Klo-Mann gezeichnet, der im Vorraum eines Pissoirs oder Urinals mit dem Schild "Herren" sitzt, einen Teller mit Kleingeld neben sich. Und was tut er, der Toilettenmann? Er trägt eine Gasmaske. Saisonbedingt. Unter der Zeichnung steht nur ein Wort: "Spargelzeit".

Wir wissen sofort alle, was gemeint ist. Wir kennen alle, übrigens nicht nur "Herren", sondern auch "Damen", das alljährliche Erschrecken, wenn wir zum ersten Mal wieder Spargel gegessen haben. Und es riechen: "Veronika, der Mai ist da. Der Spargel schießt. Hurrah, hurrah!" An sich ist der Spargel geruchlos. Erst nach dem Verzehr entfaltet er seine olfaktorische Kraft, die ihn beim flüssigen Austritt aus dem Körper erfüllt. Oder wissenschaftlich gesprochen: "Der typische Geruch des Urins nach Spargelgenuss ist auf Abbauprodukte wie S-Methyl-thioacrylat sowie auf dessen Methanthiol-Additionsprodukt S-Methyl-3-(methylthio)thioproponiat zurückzuführen." Genau! Und genauso riecht es auch.

Aber nicht bei allen. Nur bei Menschen, die Spargelaromastoffe verstoffwechseln können. Die armen anderen riechen gar nicht, dass es Frühling ist. Sie setzen keine Duftmarken. Und stinken nicht wie Kater oder Stinktiere. Ob das wohl aphrodisierend wirkt? Früher gab es auch noch den Pumpernickel. Der ließ den Esser des westfälischen Schwarzbrots, also den Nikolaus oder Nickel, pumpern oder pupsen oder furzen. Das war früher hochgeschätzt an Königshöfen im 17. und 18. Jahrhundert, wo sogenannte Flatulanten kunstvoll nach Genuss von Hülsenfrüchten oder Pumpernickel die Blähungen zu höfischer Blasmusik veredelten. Ihr Instrument tönte durch zwei kräftige Backen. Ob es roch oder nicht, ist nicht überliefert.

Überliefert ist dagegen von Roda-Roda (1872-1945) der Dialog zwischen Finanzamtsobervorsteher und Finanzamtsuntervorsteher. Fragt Ersterer den Zweiteren: "Leiden Sie auch so unter Blähungen?" Antwortet Letzterer Ersterem: "Nur unter Ihren!"