Neustadt. Es klingt schier unfassbar, was der Staatsanwalt dem Angeklagten vorwirft. Sieben Straftaten, die Alireza B. in nur sechs Monaten begangen haben soll: Zuhälterei, Menschenhandel, Körperverletzung, Waffenbesitz, Drogenhandel, Vergewaltigung, sogar ein versuchter Mord. Alireza B. ist gerade mal 20 Jahre alt.

20 Jahre alt und schon ein Schwerverbrecher. Seine erste Straftat war ein Diebstahl mit 15, es folgten Straftaten, die niemand bagatellisieren kann: schwerer Menschenhandel. Dafür kassierte er zwei Jahre Jugendstrafe - auf Bewährung. So billig wird Alireza B., der sich seit Freitag vor dem Landgericht verantworten muss, diesmal kaum davonkommen.

Am schwersten wiegt der Vorwurf, er habe heimtückisch einen Menschen ermorden wollen. Aus einem fahrenden Mercedes ML soll er am Rückersweg Ende Mai 2010 mehrere gezielte Schüsse auf zwei Männer abgegeben haben. Doch die Projektile verfehlten ihr Ziel.

War es eine Rachetat? Omid F., einer der attackierten Männer, hatte im Februar 2007 einem Mitglied der Rockergang Hells Angels im Eros-Laufhaus in die Wade geschossen und kam darauf wegen gefährlicher Körperverletzung für drei Jahre und neun Monate hinter Gitter. Kaum wieder auf freiem Fuß, soll Alireza B. auf ihn und seinen Freund geschossen haben. Pikant: Der Angeklagte gehört nach Polizeiangaben zum engeren Umfeld der Hells Angels.

Auch die anderen ihm zur Last gelegten Verbrechen tragen die Handschrift der Rockergang, die für ihre Brutalität gegenüber Frauen berüchtigt ist. So soll Alireza B. drei blutjunge Frauen zur Prostitution in einem Wandsbeker Bordell gezwungen haben, gegen dessen Bau Bürger jahrelang - letztlich vergeblich - Sturm gelaufen waren. Zwei von ihnen, die eine 17, die andere 18 Jahre alt, hatten zuvor nie als Prostituierte gearbeitet. Mit Drohungen soll er sich die 18-Jährige gefügig gemacht und, als einmal die Kasse nicht stimmte, sie sogar vergewaltigt haben. Laut Anklage hatte es Alireza B. auf ein neues Auto abgesehen. Die minderjährige 17-Jährige habe, so die Anklage, "aus Liebe" für ihn angeschafft, ihm täglich 300 bis 540 Euro ausgehändigt. Mandy S., 20, soll er mehrfach verprügelt, bedroht und beleidigt haben.

Am Dienstag will er eine Erklärung abgeben. Sollte der Angeklagte mit dem Stiernacken als Heranwachsender verurteilt werden, drohen ihm maximal zehn Jahre Haft - mehr ist im Jugendstrafrecht nicht drin.