Von der Politik geführte Unternehmen sind nicht erfolgreicher oder für den Bürger preisgünstiger als private, meint der Wirtschaftsforscher

Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. 15 Jahre nach Aufhebung des Monopolrechts für die Telekom sind die Preise auf einen Bruchteil gesunken, jeder Bundesbürger hat im Durchschnitt fast 1,5 Handyverträge, schnelle Internetverbindungen sind in fast jedem Haushalt Standard und auch Internet für das Handy hat sich mittlerweile durchgesetzt. Niemand käme auf die Idee, dass Kommunen oder Städte Handy- und Internetnetze kaufen müssten.

Beim Thema Energie ist das anders. Hier wird es in Hamburg Anfang Juni eine Unterschriftenaktion mit dem Ziel geben, den Bürgermeister über ein Volksbegehren zum Rückkauf der städtischen Verteilnetze zu zwingen. Die Befürworter dieser "Rekommunalisierung" behaupten, ein öffentlicher Netzbetreiber würde geringere Energiepreise verlangen und anderseits den Anteil erneuerbarer Energie erhöhen.

Diese Behauptungen sind jedoch unrealistisch und falsch. Falsch ist die Annahme, ein regionaler Verteilnetzbetreiber hätte Einfluss auf die Herkunft des Stromes oder gar den Strommix in Deutschland. Energienetze sind natürliche Monopole, es ist also nicht sinnvoll, mehrere Netze zu bauen, die dann in Wettbewerb zueinander treten. Daher werden die Netzbetreiber durch die Bundesnetzagentur reguliert, welche ihnen vorschreibt, dass alle Anbieter Strom durchleiten dürfen, und obendrein auch den Preis festsetzt. Wenn ein Kunde Energie von einem Versorger kauft, hat der Netzbetreiber hierauf also keinen Einfluss. Der Kunde allein entscheidet, welche Art von Energie er kauft.

Unrealistisch ist die Annahme, ein regionaler Verteilnetzbetreiber würde niedrigere Energiepreise verlangen. Durch die Regulierung der Bundesnetzagentur ist der Preis nur von der Effizienz des Netzbetreibers abhängig, wobei der effizienteste Anbieter stets den Maßstab setzt.

Damit stellt sich einerseits die Frage, ob ein öffentlicher Betreiber effizienter ist als ein privates Unternehmen, und andererseits, ob ein kleiner, regionaler Anbieter die Kostenvorteile eines großen und etablierten Unternehmens überkompensieren kann. Beide Fragen können erfahrungsgemäß jedoch mit einem "eher nicht" beantwortet werden.

Nicht zuletzt während der jüngsten Finanzkrise hat sich bei den Landesbanken - so auch bei der HSH Nordbank - gezeigt, dass von der Politik geführte und kontrollierte Unternehmen eher nicht erfolgreicher sind als private Unternehmen.

Dass die Liberalisierung der Energiemärkte bisher nicht die gleichen Erfolge gebracht hat wie diejenige der Telekommunikation, hat viele Gründe. Wesentlich ist, dass Energiemärkte ungleich komplizierter sind und diverse zusätzliche Erwägungen wie Umwelt- und Klimaschutz, gesellschaftliche Akzeptanz, Versorgungssicherheit et cetera zu beachten sind, die Einfluss auf Wettbewerb und Preis haben.

Mit einem Kauf der städtischen Verteilnetze wird sich die Situation jedoch nicht verbessern, sie bleibt bestenfalls gleich. Im Übrigen beträgt der Anteil des gesamten Netzes, also auch der hier nicht betrachteten Übertragungsnetze, für den Strompreis eines durchschnittlichen Haushaltes ohnehin nur cirka 21 Prozent. Eine deutliche Entlastung wäre sowieso nicht zu erwarten.

Die tatsächlichen Wettbewerbsprobleme bestehen auch nicht beim Netz, sondern bei der Stromerzeugung beziehungsweise beim Gasimport. Will man den Wettbewerb intensivieren, sollte man neue Anbieter beim Bau neuer Kraftwerke unterstützen und neue Importquellen für Erdgas fördern. Auch eine beschleunigte Förderung der erneuerbaren Energien ist nur über das Hauptinstrument, das Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG), zu erreichen, was selbstverständlich nicht kostenlos zu haben ist, sondern zu weiteren Belastungen der Bürger führt.

Wenn die Besitzverhältnisse an den Netzen keine Auswirkungen auf Energiepreise und Anteile erneuerbarer Energien haben, welchem Zweck dient dann in Zeiten harter Sparmaßnahmen eine Kommunalisierung, die über zwei Milliarden Euro kosten könnte?

Natürlich kann eine Gesellschaft entscheiden, die Netze unter direkter Kontrolle der Bürgerschaft zu stellen, beispielsweise aus Gründen der oft zitierten "Daseinsvorsorge". Dann sollte allerdings erklärt werden, warum Strom und Gas Teil der Daseinsvorsorge ist, Telekommunikation beispielsweise aber nicht.