Weder die Rückkehr zur Drachme noch ein Schuldenschnitt lösen das Problem. Der Wirtschaftsprofessor plädiert für einen neuen Kredit

Die wichtigsten Finanzminister der Euro-Zone trafen sich kürzlich geheim in Luxemburg, leugnen zunächst das Treffen, müssen es aber nach Bekanntwerden dann doch zugeben und haben offiziell über Griechenland gar nicht gesprochen. Wirksamer kann man Griechenland, aber auch den Euro, kaum beschädigen.

Sehen wir von diesem dilettantischen Vorgehen der Politiker einmal ab, so besteht in der Tat die berechtigte Sorge, dass Griechenland trotz des vor einem Jahr beschlossenen Hilfspakets von 110 Milliarden Euro seine Schulden nicht - wie vorgesehen - bis 2012 erheblich abbauen kann. Das Staatsdefizit des Jahres 2010 konnte nicht wie zunächst gehofft von zwölf auf 9,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesenkt werden, sondern beträgt 10,5 Prozent. Damit ist es unrealistisch, dass 2012 das Ziel von fünf Prozent erreicht wird. Dies wäre aber die Voraussetzung, dass sich Griechenland wieder selbst Kredit auf dem internationalen Kapitalmarkt zu vernünftigen Zinsen beschaffen kann.

Seit einigen Wochen haben Kapitalmärkte und Ratingagenturen die prekäre Situation des Landes erkannt und werten griechische Anleihen stark ab, sodass die Zinsen zeitweise auf über 18 Prozent gestiegen sind. Auch der Euro hat nach dem Geheimtreffen der Finanzminister in Luxemburg seinen Höhenflug bis 1,50 Dollar beendet und ist auf 1,42 Dollar zurückgefallen. Es muss also dringend politisch gehandelt werden, um die Nervosität der Märkte zu dämpfen und die von New York und London gern unterstützten Gerüchte gegen den Euro leerlaufen zu lassen. Welche Alternativen können ins Auge gefasst werden?

Drei seriöse Handlungsmöglichkeiten werden diskutiert, von denen jede erhebliche Risiken für Griechenland und für uns alle enthält:

Erste Alternative: Griechenland steigt aus der Euro-Zone aus und führt seine alte Währung Drachme wieder ein. Ihr Kurs gegenüber dem Euro wird sehr niedrig festgesetzt, damit sich griechische Exporte drastisch verbilligen. Das Land ist auf einen Schlag wieder wettbewerbsfähig. Der gravierende Nachteil: Die Griechen würden vor der Währungsumstellung ihre Euro-Guthaben massenweise abheben und ins Ausland transferieren, was den Zusammenbruch der griechischen Banken zur Folge hätte. Außerdem bleiben die Euro-Schulden des Landes gleich hoch und müssten - auf unsere Kosten - zum Teil erlassen werden, um einen Neuanfang überhaupt zu ermöglichen. Darüber hinaus ist die Symbolwirkung eines "Ausstiegs aus dem Euro" katastrophal und kann zu weiteren Austritten von Partnerländern führen. Das Ergebnis wäre der Zusammenbruch der Euro-Zone.

Zweite Alternative: Griechenland bleibt Euro-Land, zahlt aber nur einen Teil seiner Staatsanleihen (etwa 50 Prozent) zurück, was landläufig "Umschuldung" genannt wird, aber in Wahrheit den Staatsbankrott bedeutet. Diese Alternative klingt zunächst verlockend und wird von den Ökonomen vertreten, die nicht mehr glauben, dass Griechenland seine Schulden in den Griff bekommt. Mit einer Staatsverschuldung von 142 Prozent des BIP und dem aktuellen Haushaltsdefizit ist diese Ansicht nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch wer besitzt die griechischen Staatsanleihen? Es sind nicht nur griechische, sondern auch viele europäische Banken, Pensionsfonds und die Europäische Zentralbank (EZB). Da viele Banken diesen massiven Wertverlust ihres Vermögens nicht verkraften könnten, droht die nächste europaweite Bankenkrise. Darüber hinaus ist mit dieser Umschuldung das griechische Haushaltsdefizit noch lange nicht beseitigt.

Dritte Alternative: Griechenland erhält von der EU sowie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine zusätzliche Kreditzusage von 60 Milliarden Euro und bekommt mehr Zeit zum planmäßigen Schuldenabbau (bis Ende 2013). Diese längere Atempause könnte der Bevölkerung, die bislang Einkommenseinbußen von 15 Prozent hinnehmen muss, trotz des Spardrucks Mut zum Konsum machen, der dringend für das Wirtschaftswachstum und damit für den Schuldenabbau gebraucht wird.

Auch diese Alternative weist erhebliche Risiken auf, da die Rückzahlung der alten und der neuen Kredite keineswegs sicher ist. Die "Kollateralschäden" der beiden anderen Alternativen, Zusammenbruch der Euro-Zone beziehungsweise Bankenkrise, halte ich jedoch für weitaus gravierender. Daher bevorzuge ich eindeutig die dritte Alternative, auch um den Euro, der uns allen so viel Wohlstand gebracht hat, als stabile Währung zu erhalten.