So war's: Vor 30 Jahren startete die Tutanchamun-Schau, die erfolgreichste Hamburger Ausstellung aller Zeiten

Nach Berlin, Köln, München und Hannover sollte die spektakuläre Ausstellung mit Grabbeigaben des legendären Pharaos Tutanchamun im Mai 1981 als letzte Station nach Hamburg kommen. Monatelang war das Großereignis vorbereitet und die Öffentlichkeit eingestimmt worden. Am 10. April hatte das Abendblatt über einen Vortrag über den altägyptischen Gottkönig geschrieben, zu dem 1500 Leser ins CCH gekommen waren. Überschrift: "Alle warten auf den Pharao".

Als die Schau dann am 15. Mai im Museum für Kunst und Gewerbe endlich eröffnet wurde, war der Andrang erwartungsgemäß riesengroß. Schon am ersten Tag wurden mehr als 1500 Besucher gezählt. Es gab Schlangen, in denen die Menschen am Steintorplatz mit Engelsgeduld ausharrten und von Schildern über die jeweils noch verbleibende Wartezeit informiert wurden: Ab hier noch 60, noch 30, noch 15 Minuten Wartezeit. "Schlangenbeschwörer", so die hausinterne Bezeichnung, versuchten die Wartenden bei Laune zu halten, gaben Informationen und halfen in Notfällen. Insgesamt stellte das Projekt das Museum vor eine bislang ungekannte logistische Herausforderung: Neben etwa 200 Museumsmitarbeitern sorgten mehr als 600 ehrenamtliche Helfer der Justus-Brinckmann-Gesellschaft für einen möglichst reibungslosen Ablauf. Die "Freiwilligen" wurden in fünf oder sechs "Divisionen" eingeteilt und fast generalstabsmäßig eingesetzt, um Fragen zu beantworten, Absperrungen auszurichten Aufsicht zu führen oder Kataloge zu schleppen.

Aber trotz des Massenbetriebs war die Stimmung nicht nur gut, sondern geradezu feierlich. Am 16. Mai, dem Tag nach der Eröffnung, schrieb das Abendblatt: "In den Räumen des Museums für Kunst und Gewerbe herrschte im wahrsten Sinne des Wortes eine Grabesstille. Die Wände sind mit königsblauem Baumwollstoff bespannt. Das Tageslicht dringt kaum durch die verhangenen Fenster. Die sowieso schon hohen Räume erscheinen durch die blaue Wandbespannung noch höher. Es ist kühl." Nils Jockel, der schon damals als Museumspädagoge tätig war, erinnert sich an andere Temperaturen: "Die Klimaanlage funktionierte nicht gut, daher war es in den Räumen recht heiß, aber das Publikum nahm das mit großem Gleichmut hin. Überhaupt ist es aus heutiger Sicht erstaunlich, wie demutsvoll sich die Besucher den Schätzen des Pharaos damals näherten. Wir haben diese weihevolle Stimmung damals ein wenig aufzulockern versucht, in dem wir mit Studenten ein satirisch-parodistisches Stück unter dem Titel 'Lieber Tut als lebendig' aufführten, übrigens mit großem Erfolg."

Trotzdem blieb die Atmosphäre die ganze Ausstellungsdauer über beinahe sakral. Im zeitgenössischen Abendblatt-Bericht liest sich das so: "Die Gesichter der Besucher zeigen Ehrfurcht und Bewunderung. Mit Recht, denn was geboten wird, sind die schönsten Grabbeigaben des Pharaos. Wenn überhaupt gesprochen wurde, dann nur im Flüsterton. Die Atmosphäre gleicht der in einer Kirche. Ein lautes Wort ist hier unvorstellbar."

Dabei waren insgesamt nur 55 Objekte zu sehen, was etwa einem Prozent des gesamten Grabschatzes entsprach. Allerdings sorgte die von der Innenarchitektin Renate Müller entworfene Ausstellungsgestaltung dafür, dass die goldenen Artefakte vor dunkelblauem Grund besonders wirkungsvoll zur Geltung kamen.

Ursprünglich hatte man mit 175 000 Besuchern gerechnet und einen Etat von 1,75 Millionen Mark veranschlagt. Im Februar 1981 war in einer Senatsvorlage dann bereits von 470 000 möglichen Besuchern die Rede, für die Hamburgs Stadtregierung Mittel in Höhe von 4,4 Millionen Mark bewilligte. Tatsächlich kamen in den nur 66 Ausstellungstagen jedoch insgesamt 611 669 Besucher, die dem Projekt einen Gesamtumsatz von 6,8 Millionen Mark bescherten.

Dabei war die Hansestadt zunächst gar nicht als Ausstellungsort vorgesehen gewesen. Das änderte sich nur aufgrund der mangelnden deutschen Ortskenntnis eines ägyptischen Ministers: Beim Staatsbesuch des damaligen Hamburger Bürgermeisters Hans-Ulrich Klose in Kairo sagte ein hochrangiger ägyptischer Regierungsvertreter 1980, er freue sich sehr, dass König Tutanchamun auch Hamburg besuchen werde, obwohl er offenbar eigentlich Hannover gemeint hatte. Damit war die Meldung aber auf dem Markt, die Hamburger Delegation ergriff ihre Chance, und die Ägypter willigten schließlich ein, die Hansestadt als letzte Station an die Ausstellungstour anzuhängen.

Über den Fluch des Pharaos ist viel spekuliert und publiziert worden, Hamburg hat er nur Glück gebracht - und die bis heute erfolgreichste Ausstellung aller Zeiten beschert.