Wenn man zwischen Messehallen und Wallanlagen entlangspaziert, kommt man am Untersuchungsgefängnis vorbei: hohe Mauern, schwere Eisentore, Wachtürme. Ein trauriger Ort - aber immerhin: eine Justizvollzugsanstalt, also eine Einrichtung, in der Gerechtigkeit vollzogen werden soll.

Das war nicht immer so. Denn hier war - in finsteren Zeiten unserer Stadt - ein Ort des Schreckens für viele Menschen, eine Hinrichtungsstätte der Nationalsozialisten. Eine Plakette erinnert am Eingang des Gebäudekomplexes an die zu Unrecht verurteilten und ermordeten Menschen und ihr Lebensende im Keller dieses Gebäudes.

Ich denke besonders an vier Geistliche, die hier hingerichtet wurden: die drei katholischen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange und den evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink.

Was hatten sie getan, das ihnen zum Verhängnis wurde? Auf den ersten Blick gar nicht so viel. Sie hatten ziemlich offen geredet in ihren Jugendkreisen, auch manch deutliches Wort von der Kanzel riskiert. Vor allem aber hatten sie die Predigten abgezogen und verteilt, die der Münsteraner Kardinal von Galen gegen die Ermordung behinderter und kranker Menschen gehalten hatte. Mutige Schritte in finsteren Zeiten, die die meisten anderen (auch kirchlichen) Menschen nicht wagten.

Mittags, am 10. November 1943 wird den vier Geistlichen ihre bevorstehende Hinrichtung verkündet. Nach anfänglichem Zagen, so erzählt später der Gefängnispfarrer, breitet sich in den Zellen eine große Ruhe aus. Sie schreiben Abschiedsbriefe an ihre Familien, aus denen großer Trost und tiefer Glaube sprechen. Dann werden sie im Minutentakt hingerichtet.

Das Untersuchungsgefängnis, hier sind viele zu Unrecht festgehalten worden und umgekommen. Diese vier sind mir ein lebendiges und konkretes Symbol wachen Gespürs für Wahrheit und Gerechtigkeit und den Mut, dafür einzustehen.

Am 25. Juni 2011 werden sie seliggesprochen. Bis dahin zeigen unsere Kirchen eine Wanderausstellung über diese bemerkenswerten Männer. Dort ist auch der Kraft gebende Gedanke Prasseks nachzulesen, den er in sein Neues Testament geschrieben hatte: "Wer sterben kann, wer will den zwingen?"

PfarrerMies@MariaGruen.de