Hamburg feiert. Was? Am liebsten sich selbst. Wann? Am liebsten ständig. Ob Dom ("Gewinne, Gewinne, Gewinne", "Schneller wird die Fahrt", "Wollt ihr noch 'ne Runde?", "Junge Frau zum Mitreisen gesucht"), Hafengeburtstag oder sogenannte Alster- und Stadtteilfeste. In diesen warmen "Rausgeh-Zeiten" überziehen Rauchschwaden ganzer Heerscharen Grillwütiger die Stadt. Ob Amateur-, Hobby- oder Berufsgriller, es stinkt! Für wen sind diese Feste? Für echte Hamburger jedenfalls nicht.

Wenn Frühjahrs-, Sommer-, oder Winterdom ist, wundere ich mich immer wieder aufs Neue: Was, hat schon wieder die Jahreszeit gewechselt? Und ich erfahre: Nach dem Dom ist vor dem Dom. Am Autoscooter lungern ganztägig Horden Jugendlicher herum. Etwa Obdachlose? Gibt es doch eine Wohnungsnot? Da bekommt der Begriff "Fahrendes Volk" eine völlig neue Bedeutung. Sollte ich mich zufällig einmal dabei ertappen, über den Dom geschoben zu werden, dann nur aus nostalgischen Gründen. Ich mache eine Zeitreise, indem ich mich vor eine kleine Bude stelle. Ausgeschlagen mit rot-weiß kariertem Geschirrhandtuch-Stoff. Es riecht nach den 70ern. Im Angebot: warmer Burgunderschinken im Roggenbrötchen. Ich kenne Hunde, denen läuft dabei der Geifer ins Maul. Einen zahlenden Kunden habe ich da noch nie gesehen.

Der Hafengeburtstag. Etwas Überflüssigeres als ein Schlepperballett gibt es meines Wissens nicht. Dann eine schier endlose Aneinanderreihung von Ess- und Trinkständen. Hier übergeben sich Winsen-Luher und Pinneberger zu später Stunde das Du-Wort. Vereinzelt auch schon vormittags. Das heißt: erst übergeben, dann duzen. Oder um es mal beim richtigen Namen zu nennen: Fressen, Saufen, Kotzen, Duzen. "Boah ey du, is das geil. Da lernt man sich so richtig gut kennen, du."

Ähnliches gilt für alle anderen Ansammlungen Vergnügungssüchtiger in der Staßenbelagerungssaison.

Und sonst so? Ach ja, es sind Osama-Bin-Laden-Fotos in der Hansestadt aufgetaucht. Man sieht ihn darauf bei rituellen Waschungen am Elbufer, in der Nähe des Kaiserspeichers. Er soll irgendwo auf der Baustelle der Elbphilharmonie hausen. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass sich die Bauarbeiten verzögern und die Fertigstellungskosten ständig steigen. Wahrscheinlich ernährt er sich von Zement und Stahlträgern. Gesehen hat ihn bislang nur ein persischer Teppichhändler aus der Speicherstadt, der schon einmal nach eigenen Angaben in Pakistan war und nicht genannt werden möchte. Er fürchtet, dass Angela Merkel sich auch über seinen Tod freuen könnte.

Grillanzünder und Brandbeschleuniger sind im Hamburger Stadtgebiet ausverkauft. Besteht da ein Zusammenhang zur al-Qaida oder stecken Gebrauchtwagenhändler dahinter?

Und natürlich die Frage: Was machen in Hamburg eigentlich zurzeit die FDP und die CDU? Beide Parteien haben gelegentlich Treffen. Die FDP auf der Damentoilette im Hauptbahnhof. Und die CDU auf der Herrentoilette. Na bitte, geht doch.

Nils Loenicker ist Kabarettist und Mitinhaber von Alma Hoppes Lustspielhaus. Sein satirischer Wochenausblick erscheint jeden Montag.