Ohne Hahn auch keine Henne - Gedanken über ein tierisches Produkt, das seinesgleichen sucht

Heute, aus gegebenem Anlass, das Ei. Nicht das Spiegelei, nicht das Kuckucksei, nicht: Ach, du dickes Ei!

Das Hühnerei warf zunächst die scholastische Frage auf, was eher da war, das Ei oder die Henne. Das ist präfeministisch gefragt, denn ohne Hahn, der das Ei befruchtet (sogenannter Hahnentritt), auch keine Henne, die aus dem Ei schlüpft. Bei Wilhelm Busch legt nach dem schnöden Mordanschlag von Max und Moritz jedes der drei Hühner "noch schnell ein Ei! Und dann kommt der Tod herbei". Auch der Hahn legt eins. Notgedrungen, krumm und ungenießbar.

Das "Ei des Kolumbus" ist kein geschlechtsspezifisches Merkmal, auch kein Osterbrauch, sondern, neben Nord-, Mittel- und Südamerika sowie Westindien, die wichtigste Entdeckung des Genuesers.

Jedes echte Ei ist "oval", ein sozusagen objektgebundenes Adjektiv. Wie "blond", das auch nur für Frauenhaar (sogenannte Blondinen) und sinnentsprechend für helles Bier gilt. Ist etwas preiswert, wohlfeil, um nicht zu sagen billig, kriegt man es in Berlin "für'n Appel und 'n Ei". In Wien kriegt man das Gleiche für "ein Butterbrot". Auch das ist nicht das Gelbe vom Ei.

Der Feigling in Spanien hat keine Eier, in Amerika hat er keine Bälle, was aber an der ovalen Form des "football" liegt. Im deutschen Fußball ist der Ball rund, wer dazu nicht die nötige Härte hat, und überhaupt, ist ein "Weichei". Das ist neudeutsch und entspricht dem schwäbischen Säckel oder Halbsäckel.

Ein Lehrsatz über das grammatikalische Geschlecht, definiert als Quintessenz "Was Eier trägt, ist maskulin / Was Milch hergibt, ist feminin. /Als Ausnahme merke dir genau / den Milchmann und die Eierfrau. /

Beides ausgestorbene Berufe".

Wie der Hase zu den Ostereiern kommt, ist ungewiss, wahrscheinlich wie die Jungfrau zum Kinde. Dass er sie "hartgekocht" bringt, widerspricht seiner Hasennatur, entspricht aber seiner karnickelhaften Konstitution.

Der Kommunarde Konzelmann, Gott hab ihn selig!, zerschlug einst ein rohes Ei auf dem Kopf des Berliner Bürgermeisters Eberhard Diepgen. Und das mit den Worten: "Fröhliche Ostern, du Weihnachtsmann!" Da kommt einiges durcheinander im christlichen Kalender. Ohne saisonale Bindung warf derselbe Täter zwei gleiche Eier auf Köhler wie auf Wulff Präsidentenfixiert!

Bleibt das Wedekind-Gedicht nachzutragen: "Leise schlich ich wie auf Eiern / Mich aus Liebchens Paradies / Wo ich hinter dichten Schleiern / Meine letzten Kräfte ließ."

Ovum ex ovo, wie der Lateiner sagt. Hahn oder Henne.