Am morgigen Sonntag jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 66. Mal. Zumindest in Europa wurde am 8. Mai 1945 der Krieg beendet. Das mit dem Krieg und der Nazi-Diktatur verbundene Leid ging aber weiter. Bis heute erleben wir die Folgen: Die alt gewordenen Kriegskinder verarbeiten nur mühsam ihre Erlebnisse von Bombenangriffen und brennenden Städten. Das gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch in England, Polen, Russland, Frankreich oder - was angesichts der Katastrophe von Fukushima wieder stärker in den Fokus rückt - in Japan.

Das Kriegsende war also nicht das Ende von Leid, Hunger und Tod. Und doch ist der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung gewesen. Befreit von Nazi-Diktatur und Todesbedrohung, konnte sich seit diesem Tag zunächst im Westen und seit 1989 auch im Osten Europas der Geist der Freiheit ausbreiten. Dieser Geist ist unverzichtbar für ein Land und für jeden Menschen. So beobachten wir es zurzeit in Nordafrika. Ohne Freiheit ist der Mensch kein Mensch.

"Zur Freiheit seid ihr berufen", schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde der Galater. Und das gilt auch für uns. Gerade angesichts des Erinnerns an den Tag der Befreiung. Christen leben im Geist Jesu Christi, also in der Kraft, die in der Spannung von Tod und Leben auf der Seite des Lebens steht. Daher kann der Geist Jesu Christi jeden Einzelnen frei machen von Sachzwängen und zerstörerischen Ideologien. Keine Diktatur, kein Krieg und keine Hochrisikotechnologie dürfen diese Freiheit beschneiden. Die einzige Grenze der Freiheit ist die Freiheit des Mitmenschen. Das gibt auch Paulus den Galatern mit auf den Weg. Zur Freiheit gehört die Nächstenliebe: "... durch die Liebe diene einer dem andern." Das Leben in Freiheit ist ein Leben für den Nächsten - diese Grundregel gehört zum Menschsein genauso wie das tägliche Wasser und Brot. Das lehrt uns Paulus - und der Tag der Befreiung.

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