Die Bühne des Ohnsorg-Theaters wird an den Hachmannplatz verlegt. “Heimelig“ soll das Theater bleiben

St. Georg. Schon die Familie Krupp vertraute diesem Holz. Für ihre erste Segelyacht "Germania" waren der sonst stahlfixierten Familie die feinsten Oregon-Pine-Masten aus Übersee gerade gut genug. Nicht hart wie Krupp-Stahl war das Material, aber schön und belastbar. Und auch in die Jugendstil-Altbauten der Jahrhundertwende zimmerten trendbewusste Bodenbauer werthaltiges Douglasienholz, wo es bis heute wohlig vor sich hin knarzt. Insofern scheint sich Oregon-Pine als Qualitätsrohstoff bewährt zu haben, weshalb er als neuer Bühnenboden des Ohnsorg-Theaters eine gute Wahl sein dürfte.

Momentan wird die Bühne des niederdeutschen Volkstheaters an der neuen Spielstätte am Hachmannplatz montiert. Nach wochenlanger Trocknung ist das Holz jetzt hart genug, um dem 32-köpfigen Ensemble künftig als neue Spielfläche zu dienen. "Wenn man so will, wird das Herzstück gerade in unser neues Haus eingebaut. Die Seele zieht dann im August um", sagt Intendant Christian Seeler.

Seit Jahresanfang wird das Bieberhaus bereits umgebaut, im Sommer soll alles geschafft sein. Nach 75 Jahren zieht dann das Ohnsorg-Ensemble von den Großen Bleichen in die neue Wirkungsstätte nach St. Georg, wo gleich neben dem Hauptbahnhof vier Stockwerke im 1909 erbauten Gebäude für das Traditionstheater umgestaltet werden. Bauherr und Vermieter des Theaters ist die Alstria Baugesellschaft, die sich die Neugestaltung 14,5 Millionen Euro kosten lässt. Im Zuge des Umbaus hielten mit Stahl verstärkte Deckenkonstruktionen ebenso Einzug wie Federkernelemente, die Schwingungen und Lärm der benachbarten Bahnlinien schlucken sollen. "Wir liegen sehr gut im Budget- und Zeitplan", versichert Intendant Seeler. Angesichts ähnlicher Federelemente weist er den naheliegenden Vergleich mit dem problematischen Bau der Elbphilharmonie aber weit von sich. "Architekten, Bauherr und auch wir haben begriffen, dass so ein Umbau nebst Umzug nur zusammen gelingen kann."

Am 8. Juli fällt der letzte Vorhang an den Großen Bleichen, schon am 28. August soll der Umzug abgeschlossen sein. Dann wird nämlich William Shakespeares Komödie "Ein Sommernachtstraum" das erste Stück im neuen Heim sein und als "En Sommernachtsdroom" auf die neue, neun Meter hohe Bühne gebracht. 412 statt 389 Besucher können das 22-Personen-Stück sehen, und neuerdings sogar auf Parkett und Rang verteilt werden. "Wir haben nur noch eine Säule im Raum, beste Sicht auf allen Plätzen, erstklassige Sprechtheater-Akkustik und gewohnt warme Farben im Saal", sagt Christian Seeler.

Damit will der Intendant Wind aus den Segeln von Kritikern nehmen, die meinen, das Ohnsorg-Theater verliere an neuer Stätte an "Heimeligkeit". "Niemand braucht Schwellenängste zu haben. Das Ohnsorg ist und bleibt Volkstheater, auch wenn wir in moderner Umgebung mehr Möglichkeiten - etwa bei den Bühnenbildern, die nach oben weggezogen werden können - haben." Allein der gemischte Spielplan stehe für Kontinuität. Auch der Charakter, die Personen und vor allem die Inhalte zögen mit um, weshalb die Seele des Theaters die gleiche bleibe. Das ganze Team sei jedenfalls neugierig auf das Bieberhaus. Und wie immer gelte auch dort die Losung: "Wi snackt Platt."

Eine große Würdigung erfährt in St. Georg zudem das jahrzehntelange Ensemble-Mitglied Heidi Kabel. Kaum eine Schauspielerin war in Hamburg so beliebt wie die am 15. Juni 2010 verstorbene Mimin. Das Hamburger Abendblatt hat sich deshalb für den Umzug des Ohnsorg-Theaters etwas Besonderes überlegt: Ein vom Abendblatt gestiftetes Heidi-Kabel-Denkmal der Künstlerin Inka Uzoma wird künftig auf dem Platz unmittelbar vor dem Theater ihr Andenken wahren.

An alter Stätte haben unterdessen die Umzugsvorbereitungen begonnen. Das theatereigene Außenlager auf der Veddel ist voll, der Fundus von Altlasten befreit worden. Teile stünden zur Versteigerung bereit (siehe Text unten). Die neuen Stücke "Ladykillers" (ab 9. Oktober) oder die Weihnachtsschmonzette "Witte Pracht" (ab 20. November) können demnach kommen. Die Gäste auch.

Bei leicht angepassten Preisen soll künftig auf die Garderobengebühr verzichtet und die Gastronomie selbst verwaltet werden. Und die Parkplatzprobleme? "Wir stehen in Verhandlungen mit einem Parkhausbetreiber, um die neue Anreise mit dem Auto so angenehm wie möglich zu machen", sagt Intendant Seeler. Die Nachbarschaft zum Hauptbahnhof spreche aber prinzipiell für eine Nutzung des HVV.