Ein Verriss von Kai Schiller

Im Fußball ist es wie im echten Leben: Es gibt für alles und jeden einen guten und einen schlechten Zeitpunkt. Ein guter Zeitpunkt ist es, der Frau seiner Träume kurz vor der Trauung noch einmal die ewige Liebe zu versprechen. Der baldigen Gattin mit dem nächsten Atemzug einen Seitensprung zu beichten ist zwar ehrlich, kommt aber zum völlig falschen Zeitpunkt. Auch Patrick Ochs Versprechen, Eintracht Frankfurt würde auf keinen Fall absteigen, schien vor dem Kellerduell gegen den 1. FC Köln genau zum rechten Zeitpunkt zu kommen. Mehr als unpassend war dagegen seine Ankündigung, nach der Saison für die festgeschriebene Ablöse von drei Millionen Euro zum VfL Wolfsburg zu wechseln. Für derartige Überlegungen war es nicht nur "kein glücklicher Zeitpunkt" (Frankfurts Chef Heribert Bruchhagen), es war zwei Tage vor dem so wichtigen Spiel gegen Köln schlicht zeitlos unmanierlich.

Eintrachts Trainer Christoph Daum steht nun wie der Ochs vorm Berg. Soll er seinen wechselwilligen Kapitän nun spielen lassen oder nicht? Er wird wohl Gnade vor Recht walten lassen, denn schließlich wäre es ein ganz schlechter Zeitpunkt, ausgerechnet beim Abstiegsendspiel auf den vermeintlich besten Mann zu verzichten. Sollte übrigens Frankfurt gegen Köln gewinnen und Wolfsburg gegen Kaiserslautern verlieren, würde der VfL plötzlich auf einem Relegationsplatz stehen. Blieben die Niedersachsen auch nach dem letzten Spieltag auf diesem Rang, wäre Ochs' Wechsel nicht mehr nur unmanierlich, er wäre vor allem eines: ein Wechsel zum völlig falschen Zeitpunkt.