Der 29-jährigen Angeklagten drohen bis zu viereinhalb Jahre Haft

Neustadt. Die zwei jungen Frauen, die im Oktober 2010 mit einer Ausgabe des "Wachtturms" vor ihrem Rahlstedter Wohnhaus standen, kamen ihr vor "wie Schwestern". Wie Mitglieder der Zeugen Jehovas eben - jener Religionsgemeinschaft, der auch Brigitte R. angehört. Spontan lud die 83-Jährige die beiden Frauen auf einen Cappuccino ein. Ein folgenschwerer Fehler. Denn in ihrer Wohnung zeigten die falschen Glaubensschwestern, worauf sie wirklich aus waren: Erst schlugen sie die Seniorin brutal nieder, dann raubten sie ihr wehrloses Opfer aus.

Eine der beiden Täterinnen, Naska A., 29, steht seit gestern vor dem Landgericht. Ihre Komplizin Bejita H., zur Tatzeit gerade 16 Jahre alt, ist bereits im Februar zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Fingerabdrücke auf den Kaffeetassen und Bilder einer Überwachungskamera hatten die Ermittler auf ihre Fährte gebracht.

Das greise Opfer schleppt sich gestern in Trippelschritten am Gehwagen in den Gerichtssaal. Eine kleine Frau, gebeugter Gang, schlohweiße Haare. Gleich oben in der Wohnung habe eine der Frauen gefragt, ob sie eine Zigarette rauchen dürfe, erinnert sich Brigitte R. Das sei ihr seltsam vorgekommen - "seit wann dürfen Zeugen Jehovas rauchen?!" Im nächsten Moment habe sie einen Schlag auf den Kopf erhalten und sei sofort ohnmächtig geworden.

Laut Anklage hatte eine der Täterinnen sie mit einem hölzernen Kerzenständer niedergeschlagen. Doch Naska A. will das nicht gewesen sein - auch wenn die vierfache Mutter, die seit acht Jahren in Deutschland lebt und bereits dreimal wegen Diebstahls verurteilt wurde, die Tat ansonsten über ihren Verteidiger einräumt. 200 Euro Bargeld, einen goldenen Ehering und eine Scheckkarte ließen die Räuberinnen mitgehen. Die 83-Jährige wachte erst nach 15 Stunden aus der Bewusstlosigkeit auf - blutüberströmt, mit einer gebrochenen Nase und einer Gehirnerschütterung. Noch heute leide sie unter Schmerzen, sagt Brigitte R.

Hinter verschlossenen Türen hat das Gericht gestern über das Strafmaß verhandelt: Maximal viereinhalb Jahre soll Naska A. bei einem Geständnis in Haft. Die Staatsanwältin hat schon angekündigt, dass sie sich damit nicht zufriedengeben wird. Am Mittwoch will das Gericht ein Urteil verkünden.