Karin von Welck und Günter Ploß: Zwei charakterliche Gegenspieler, die sich in zähen Verhandlungen über die Sportstadt Hamburg auf Distanz halten

Die Ethnologin und Linguistin Prof. Dr. Karin von Welck, 63, parteilos, ist seit sechs Jahren Hamburgs Senatorin für Kultur, der Diplom-Betriebswirt Günter Ploß, 62, Mitglied der SPD, seit fünf Jahren Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB). Vor zwei Jahren begannen sich ihre Wege regelmäßig zu kreuzen. Damals übernahm von Welck zusätzlich die Leitung der Ressorts Sport und Medien. Den Vorwurf von SPD und Linken, sie habe sich dabei übernommen, kontert sie professionell: "Eigentlich ist es schade, dass Oppositionspolitiker meinen, sich über solche Äußerungen profilieren zu müssen."

Von Welck und Ploß pflegen seit ihrer ersten offiziellen Begegnung im Mai 2008 den diskreten Umgang zweier Interessenvertreter, nach außen harmonisch, im Innenverhältnis, dann, wenn es ums Geld geht, hart in der Sache, aber moderat im Ton. Der wurde in dieser Woche zum ersten Mal rauer, als Ploß von "einem verheerenden sportpolitischen Signal" des Senats sprach. Darum geht es: Um das Tennisturnier am Rothenbaum und das Galopp-Derby in Horn, zwei Hamburger Veranstaltungen mit mehr als 100 Jahren Tradition und internationaler Beachtung, zu unterstützen, will die Regierung die Verwendung von 600 000 Euro aus dem Sportetat umwidmen. Das Geld soll aus dem Haushaltstitel Instandsetzung und Sanierung von Sportanlagen genommen werden. Die Kontroverse war schnell aufgebaut: Großveranstaltungen kontra Breitensport, von Welck gegen Ploß.

So hat es auch Frank Horch, der Präses der Handelskammer, empfunden. Er warnt davor, beide Bereiche und vor allem beide Personen gegeneinander auszuspielen. "Das Thema hat in der Öffentlichkeit eine Zuspitzung erhalten, die unangemessen und von den Beteiligten nicht gewollt ist", sagte Horch dem Abendblatt. "Wir wollen Hamburg auf allen Gebieten weiterentwickeln, dazu gehört auch die Sportstadt Hamburg. Da muss es doch möglich sein, dass der Breitensport dem Spitzensport hilft - wie auch umgekehrt." Schließlich wolle die Stadt in der laufenden Legislaturperiode (2008-2012) rund 36 Millionen Euro ausgeben, um die sportliche Infrastruktur zu verbessern. 20 Millionen davon stammen aus dem Konjunkturprogramm II der Bundesregierung. Horch versteht seine Rolle als Mediator. Sein gelebtes Credo: "Jedes Gespräch ist besser als kein Gespräch."

An der Kommunikation mag es in der Tat zuletzt gehapert haben. Die Behörde glaubt, den Hamburger Sportbund rechtzeitig über die Senatspläne informiert zu haben, der HSB wiederum klagt, erst nach Versendung der Drucksache am 4. Mai davon erfahren zu haben. Die Erfahrung lehrt, dass Papier weit weniger geduldig ist als oft angenommen. Statt in schwieriger Haushaltslage im Vorwege eine gemeinsame Lösung zu suchen, fühlten sich Sportvereine und -verbände vor Tatsachen gestellt - und geprellt. Den Antrag endgültig von der Tagesordnung der Bürgerschaft zu bekommen dürfte inzwischen schwierig werden. Die Chance, wenn sie denn überhaupt bestand, ein heikles Thema geräuschlos zu klären, wurde vertan.

Karin von Welck mag es gern kuschelig; atmosphärisch zumindest. Sie liebt es, ihre Gesprächspartner verbal zu umarmen, an ihre Verantwortung für das Allgemeinwohl zu appellieren, um sie für ihre Sache zu gewinnen. Sie verteilt dafür Komplimente, manchmal übertreibt sie dabei.

Günter Ploß, der den HSB mit seinen 534 000 Mitgliedern und 799 Vereinen ehrenamtlich führt, ist Gesundheitsmanager, Leiter der Landesvertretung Hamburg des Verbandes der Ersatzkassen. Unzählige Honorar-Verhandlungen mit Ärzten und Zahnärzten haben ihn gestählt. Er sei in solchen Runden ein Terrier, der beharrlich das Interesse seiner Organisation verfolge, sagen Teilnehmer dieser Debatten.

Diese charakterlichen Gegensätze mögen nicht gerade anziehend sein, ihren bisherigen Verhandlungen haben sie aber nicht geschadet. In dieser Woche unterzeichneten von Welck, Ploß und Dirk Fischer, CDU, der Präsident des Hamburger Fußballverbandes, einen neuen Sportfördervertrag. Er gilt für die Jahre 2011 und 2012 und sichert dem Hamburger Sport weiter eine verlässliche finanzielle Basis. Die Grundförderung beläuft sich auf 6,3 Millionen Euro im Jahr. Alle Seiten begrüßten die Vereinbarung. Allerdings: Verlierer, die sich dazu bekennen, gibt es bei derartigen Abschlüssen selten.