Prof. Dr. Elisabeth Pott, 61, Medizinerin und Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Hamburger Abendblatt:

1. Die Zahl jugendlicher Raucher in Deutschland ist auf einem Tiefststand. Sind junge Leute plötzlich gesundheitsbewusst?

Elisabeth Pott:

Ein Umdenken hat stattgefunden: Nichtrauchen liegt im Trend und wird zunehmend zur sozialen Norm. Kindern und Jugendlichen ist bewusst, dass sie unabhängig, selbstbewusst und stark sein können - gerade weil sie nicht zur Zigarette greifen. Eine Entwicklung, die wir seit einigen Jahren beobachten.

2. In Norddeutschland gibt es mit 22,7 Prozent (Hamburg) und 23,2 Prozent (Schleswig-Holstein) deutlich mehr Raucher in der Bevölkerung als im Süden (18,9 Prozent in Baden-Württemberg). Was macht die Norddeutschen zu stärkeren Rauchern?

Hier können regionale Unterschiede im Wohlstandsgefälle eine Rolle spielen. In Deutschland unterscheiden sich die Raucheranteile stark nach sozialen Merkmalen. So rauchen Menschen mit einem niedrigen sozialen Status deutlich mehr als Menschen mit hohem sozialem Status.

3. 5,2 Prozent aller Todesfälle gehen aufs Rauchen zurück. Warum werden nicht mehr Menschen davon abgeschreckt, etwa zum Welt-Nichtraucher-Tag am Montag?

Über die gesundheitlichen Risiken des Rauchens wissen die meisten Konsumenten Bescheid, denken aber, dass mögliche Folgen in weiter Zukunft liegen. Deshalb hilft Abschreckung nicht. Um ein dauerhaftes Umdenken zu erreichen, ist kontinuierliche Aufklärung wichtig. Hier setzen wir mit einer Rauchfrei-Kampagne an.

4. Was raten Sie einem Raucher, der von Ihnen wissen will, wie er am besten davon loskommt?

Wir empfehlen die Schlusspunkt-Methode. Dabei wird ein "Stopp-Tag" ausgewählt, an dem definitiv mit dem Rauchen Schluss ist. Dieser Tag sollte intensiv vorbereitet werden, indem alle Rauchutensilien vernichtet und alternative Handlungen für typische Rauchsituationen überlegt werden. Wer Fragen hat, kann sich an sieben Tagen in der Woche an die Berater der Bundeszentrale wenden.

5. Wenn plötzlich niemand mehr raucht, fehlen dem Staat Milliarden Euro an Tabaksteuern. Aus dieser Sicht müsste der Staat doch eigentlich alle zum Rauchen auffordern. Sind die Nichtraucher-Appelle da nicht unehrlich?

Nein, denn die Folgekosten für Erkrankungen, die durch das Rauchen entstehen, übersteigen deutlich die Tabaksteuer-Einnahmen. Studienergebnisse belegen, dass in Deutschland jährlich 110 000 bis 140 000 Menschen an den Folgen des Rauchens sterben und tabakbedingte Kosten von rund 17 Milliarden Euro entstehen. Die Steuer bringt dem Staat circa 14 Milliarden Euro pro Jahr ein.