Der aus dem Kirchendienst entlassene Paul Schulz strebt ein Wiederaufnahmeverfahren an. Der Hamburger Theologe war von 1970 bis 1979 an der Hauptkirche St. Jacobi

Er hatte in den 70er-Jahren bundesweit für Aufsehen gesorgt, weil er die Existenz Gottes infrage stellt. Heute, mehr als 30 Jahre nach seiner Entlassung aus dem Kirchendienst strebt der Ex-Pastor Paul Schulz, 72, die Wiederaufnahme des kirchlichen Lehrverfahrens an.

Der Hamburger Theologe war 1979 nach einem spektakulären Verfahren aus dem Pastorenamt entlassen worden. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Revision des Urteils begründet er damit, dass in der protestantischen Kirche in den Niederlanden ein Verfahren gegen einen atheistischen Pastor eingestellt wurde. Dieser ist weiterhin im Amt.

Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) werde den Wiederaufnahmeantrag prüfen, sagt Christian Frehrking vom Amt der VELKD in Hannover. Das entsprechende Kirchengesetz enthalte keine Regelungen für die Wiederaufnahme eines Lehrverfahrens. Einen derartigen Vorgang habe es noch nicht gegeben.

Ein Lehrverfahren wird dem Kirchenjuristen zufolge eingeleitet, wenn ein ordinierter Geistlicher oder ein anderer Inhaber eines kirchlichen Amtes öffentlich durch Wort oder Schrift dem Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche in zentralen Punkten widerspreche. Oberkirchenrat Frehrking rechnet damit, dass es vor Ende 2010 zu einer Entscheidung kommen werde. Schulz, der Theologie in Hamburg, Heidelberg und Erlangen studierte, wurde 1966 zum Pfarrer ordiniert. Seit 1970 war er Gemeindepastor an der Hauptkirche St. Jacobi in Hamburg, ein Jahr später promovierte er in Erlangen. Mit seinen Aussagen, dass er weder an einen persönlichen Gott noch an ein Jenseits glaube, geriet er in Widerspruch zur kirchlichen Lehre. 1975 wurde der Theologe für ein Jahr beurlaubt, um bei Studien in München seine Position zu überdenken. Nachdem Lehrgespräche auf lokaler Ebene ohne Ergebnis blieben, leitete die Kirche im Herbst 1976 ein Lehrzuchtverfahren ein. Schulz wurde beurlaubt.

Den Vorsitz im Spruchkollegium hatte damals der hannoversche Landesbischof Eduard Lohse. Einer der hinzugezogenen Gutachter war der Naturwissenschaftler und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker. Nach mehreren mündlichen Verhandlungen urteilte das Spruchkollegium im März 1979, Schulz befinde sich in entscheidenden Punkten im Widerspruch zum evangelisch-lutherischen Bekenntnis. Deshalb könne er nicht mehr Pastor sein. Die Nordelbische Kirche erkannte daraufhin Schulz alle Rechte aus der Ordination ab: die Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung, die Amtsbezeichnung Pfarrer und das Tragen des Talars. Für Lehrzuchtverfahren ist das sogenannte Spruchkollegium aus sieben Personen zuständig. Den Vorsitz hat zurzeit Altbischof Hans Christian Knuth als Vertreter des lutherischen Bischofskollegiums. Daneben gehört ein Theologieprofessor dem Gremium an, die übrigen Mitglieder werden von der Generalsynode berufen.