Ist die akute Finanzkrise vorbei, ist die Not schnell vergessen.

"Denn in Zukunft darf es kein Finanzmarktprodukt, keinen Finanzmarktakteur und keinen Finanzmarkt geben, die nicht reguliert und beaufsichtigt sind", haben die 20 führenden Industrienationen, die G20, schon vor mehr als einem Jahr versprochen. Wiederholt wurde das Gelöbnis so oder so ähnlich auf EU-Ebene, in Koalitionsverträgen und Bundesratsentschließungen. Geschuldet war das hehre Vorhaben der Bankenkrise. Geschehen ist bisher nichts.

Mittlerweile hat uns die nächste Krise überrollt. Statt der Banken müssen jetzt ganze Staaten und unsere Währung, der Euro, gerettet werden. Und unversehens ist die Kanzlerin, bisher des Taktierens bis zum Nichtstun verdächtig, an die Spitze der Bewegung geraten. Die Finanzmarktregulierung steht wieder ganz oben auf der Agenda. Der Druck der Steuerzahler, die außer Einnahmequelle für den Staat auch Wähler der Politiker sind, zeigt Wirkung. Das Argument, nur in weltweiter Einmütigkeit könnten wirksame Beschlüsse gefasst werden, darf als Alibi nicht länger herhalten. Denn dann kommt es nie zu einer Regelung und in absehbarer Zeit zur nächsten Krise mit vermutlich noch verheerenderen Folgen.

Die Banken als Mitverursacher und Nutznießer an den Kosten der Krise zu beteiligen scheint unumgänglich. Aber sie sind eben nur Mitverursacher: Erstens, weil ihnen die Politik undurchsichtige Geschäfte erlaubt hat. Zweitens, weil ihnen überschuldete Staaten wie Griechenland die Möglichkeit der Spekulation gegen ein Land oder eine Währung erst ermöglicht haben. Die staatlichen Schuldenberge sind der eigentliche Kern des derzeitigen Problems. Die wiederum sind kein griechisches oder allgemein mediterranes Phänomen. Längst sitzen alle EU-Staaten, Deutschland inklusive, auf gigantischen Verbindlichkeiten. Erst wenn diese langfristig abgebaut werden, kann wieder Stabilität in das europäische Wirtschafts- und Währungssystem einziehen.

Nur wer vernünftig wirtschaftet, hat die Chance, von weiteren monetären Fieberschüben verschont zu bleiben, und die Autorität, neue Regeln im internationalen Finanzwesen zu installieren. Möglich ist das, denn die Finanzmärkte sind keine anonym waltenden Naturkräfte, sondern Menschen, die nach den gegebenen Möglichkeiten handeln - und, wenn sie es dürfen, nichts als ihre Gier befriedigen. Nur zu viel Zeit dürfen sich die Akteure jetzt nicht lassen. Gewinnt der Aufschwung erst an Fahrt, ist die Not schnell vergessen und die Zeit für die entscheidenden Beschlüsse passé.