Gutachten besagt, der Renter habe vermutlich Gaspedal und Bremse verwechselt. Der 73 Jahre alte Unfallverursacher schweigt weiterhin.

Hamburg. Nach dem tragischen Verkehrsunfall am Hauptbahnhof erhebt der Vater des getöteten Joel-Rayan schwere Vorwürfe gegen die Behörden. "Warum müssen ältere Menschen in Deutschland keine Fahr- und Reaktionstests machen?", fragt Heinz Hochwald, der am 11. Mai seinen vierjährigen Sohn verlor, als ein 73 Jahre alter Autofahrer diesen beim Ausparken übersehen und ihn mit seinem Wagen überrollt hatte. In anderen europäischen Ländern seien solche Tests gang und gäbe. "Ältere Menschen fahren einfach oft unsicher. Was meinem Sohn passiert ist, darf einfach nicht geschehen."

Am vergangenen Dienstag waren Joel, seine Mutter Katerina (32) und sein Onkel (28) am Hauptbahnhof gewesen, um eine Fahrkarte zu kaufen. Der Rentner steuerte seinen Renault rückwärts aus seiner Parklücke auf den Fußweg zu, raste erst einen Poller um und erfasste dann den Jungen und die beiden Erwachsenen, die schwere Verletzungen davontrugen. Joel starb im Krankenhaus. "Er war unser Sonnenschein", sagt Hochwald.

Nach neuesten Erkenntnissen der Ermittler kann ein technischer Defekt des Wagens ausgeschlossen werden. Der Unfallfahrer macht bis heute von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und äußert sich nicht zu den Vorfällen. Auch nicht gegenüber Hochwald oder Joels Mutter, seiner Verlobten. Für das Paar ist das bitter - und enttäuschend. "Eine Entschuldigung wäre nicht schlecht", sagt Hochwald. Irgendwann, spätestens wenn es zum Prozess kommt, will er die Konfrontation mit dem Mann, der seinen Sohn auf dem Gewissen hat.

Derzeit ist Hochwald jedoch Tag und Nacht bei seiner Verlobten im Krankenhaus. "Zu Hause, da ist einfach alles leer", sagt er, "und irgendwie so, als wäre Joel noch da." Sein Joghurtbecher steht noch auf dem Küchentisch. Das Kinderzimmer ist unberührt. "Meine Verlobte will, dass alles so bleibt." Joels Mutter wird heute aus dem Krankenhaus entlassen. "Chirurgisch haben die Ärzte ihre Arbeit erledigt", sagt Hochwald. Psychisch allerdings liegt noch ein langer Weg vor dem Paar, das erst vor vier Monaten aus Süddeutschland nach Hamburg gezogen ist. Therapeutische Hilfe wollen sie nicht in Anspruch nehmen. Psychologen, Seelsorger - sie alle waren schon da. Für Hochwald war das Ergebnis enttäuschend. "Helfen konnten sie uns nicht. Unsere Probleme kann doch nur jemand nachvollziehen, der selbst ein Kind verloren hat." Deshalb hat er auch vor drei Tagen einen Verein mitsamt einem Spendenfonds gegründet. "Für verwaiste Eltern wie uns." Zum gegenseitigen Austausch und zur finanziellen Unterstützung. "Es wäre schön, wenn wir Kontakt zu anderen betroffenen Eltern hätten."

Spendenkonto: Katerina Schwarz und Heinz Hochwald, Stichwort "Verwaiste Eltern", Kontonummer: 0676 701 111 BLZ 200 800 00