Der 24. August vergangenen Jahres war ein großer Tag für die Buchbranche, es erschien endlich, nach langen Jahren harter Übersetzungsarbeit, "Infinite Jest". Das Großwerk des Selbstmörders David Foster Wallace - sein Verlag richtete eigens eine Homepage ein, auf der man sich über Leseerlebnisse austauschen konnte. Genau 100 Tage lang. Ich habe es nicht geschafft, in diesen 100 Tagen den 1648-Seiten-Wälzer zu Ende zu lesen. Und in den darauf folgenden 200 auch nicht. Ich hänge fest, Seite 1297. Unendliches Missvergnügen: Ich stöhne, ächze, fluche, und unlängst flog die Schwarte in die Ecke. Der Erzähler wollte wieder mal nicht zum Punkt kommen, seine Meisterschaft besteht vor allem in einem: dem konsequenten Unterlaufen von Spannungsbögen.

50 000 Mal ist dieses Irrsinnswerk, das komplex, sensibel und überreflektiert ist, verkauft; ein Wunderwerk des Verwaberns und schonungslosen, wuchernden Erzählens. 5000 haben es zu Ende gelesen, höchstens, behaupte ich, der Rest hat aufgegeben oder kämpft noch. Warum ist das nur so eine Willensfrage geworden, ob man ein Buch fertig bekommt? Liegt's am unfassbar großen Ausstoß der Buchproduzenten, dieser schamlosen Beansprucher unserer Aufmerksamkeit? Liegt's an der Medienkonkurrenz? An unserer Faulheit? Nein. Es liegt daran, dass Wallace, der Könner, nicht so gut ist wie Dostojewski, Tolstoi, Mann, Joyce, die Genies. Bei denen liest man die Nächte durch, immer wieder. Aber ich bleibe dran. Wallace, ich krieg' Dich noch!