Ekkehard Nümann spricht für den größten Museumsfreundeskreis in Deutschland und ist Präsident des Verbandes der Fördervereine deutscher Museen für bildende Kunst

Eigentlich dürfte die zeitweilige Schließung der Galerie der Gegenwart in Hamburg inzwischen niemanden mehr überraschen. Die Kulturfinanzierung steckt bundes- und landesweit in der Krise, und schon seit Monaten mehren sich die Hinweise, dass es bald auch die Hamburger Kunsthalle treffen könnte.

Trotzdem ist es erschreckend, dass es nun tatsächlich passiert ist: Um die von der Kulturbehörde geforderten 200 000 Euro einzusparen, müssen Teile des kostenintensiven Ungers-Baus vorübergehend stillgelegt werden.

Und da die Sparvorgaben im nächsten Jahr die Gleichen sein werden, dürfte diese Maßnahme nur der erste von vielen schmerzlichen Einschnitten sein.

Dabei ist dieses alte, ehrwürdige und dank der Menschen, die dort arbeiten, quicklebendige Museum eines der erfolgreichsten Häuser Deutschlands: Es beherbergt eine der wichtigsten öffentlichen Kunstsammlungen und ist dabei eines der wenigen Museen, die einen Rundgang durch sieben Jahrhunderte Kunstgeschichte ermöglichen.

Mehr als 700 Werke, darunter viele bekannte Hauptwerke der deutschen Romantik und der Klassischen Moderne, sind ständig ausgestellt!

Insbesondere in der Galerie der Gegenwart waren bisher zeitgenössische Positionen zu sehen, die der Hamburger Kunsthalle eine gewichtige Stimme im aktuellen Kunstgeschehen geben.

Darüber hinaus lockten in der Vergangenheit international beachtete Ausstellungen alljährlich Hunderttausende Besucher nach Hamburg. Dies könnte bald ein Ende haben.

Denn obwohl die Kultursenatorin weiß, dass die Stiftung Hamburger Kunsthalle mit einer durchschnittlichen Eigenfinanzierung von über 50 Prozent weit erfolgreicher wirtschaftet als 90 Prozent der Museen für bildende Kunst in Deutschland, fordert sie weitere Einsparungen. Die Senatorin beruft sich dabei auf die Berichte einer Expertenkommission um den ehemaligen Generaldirektor der Münchner Museen, Prof. Reinhold Baumstark: Dieser hatte bestätigt, dass die Hamburger Museen "auskömmlich finanziert" seien, da Sonderausstellungen und Instandhaltung nicht in die Kalkulation einfließen dürften, und seither wird gespart, gespart und nochmals gespart.

Wir erhalten jetzt einen Eindruck davon, wie es um die Kulturfinanzierung in Hamburg künftig bestellt sein wird, und das Szenario ist beklemmend: Die Stadt wird ihren Museen gerade soviel Mittel zur Verfügung stellen, dass diese das Licht anmachen und die Räume temperieren können - für alles Weitere fühlt sich die öffentliche Hand offenbar nicht mehr verantwortlich.

Ankaufsetat? Fehlanzeige.

Ausstellungsetat? Darum müssen sich die Direktorinnen und Direktoren nach dem Willen der Kultursenatorin künftig mit ihren Projekten bei einer von der Kulturbehörde eingesetzten Jury bewerben.

Eine Neuhängung der Sammlung? Zu teuer, zumal die Räume, in denen die Sammlung gezeigt würde, dann ja bewacht werden müssten. Diese Liste ließe sich beliebig verlängern.

Es wird nicht lange dauern und Hamburg wird in kultureller Hinsicht zur Provinz verkommen.

Da die Finanzierung nicht frühzeitig gesichert werden kann, bewegt sich ein Museumsdirektor schon jetzt am Rande zur Illegalität, wenn er Ausstellungszusagen für die kommenden Jahre macht.

Da eine professionelle Planung aber einen Vorlauf von drei bis vier Jahren erfordert, werden größere, international beachtete Ausstellungsprojekte künftig unmöglich sein. Gerade diese aber sichern einem Haus das Ansehen und die Besucherzahl, die es erst in die Lage versetzen, seinen weniger Aufsehen erregenden Aufgaben gerecht zu werden. Die Pflege der Sammlung, die Bewahrung dessen, was die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hamburg ihrer Kunsthalle anvertraut haben, kann nicht nur die Aufgabe von Sponsoren sein.

Natürlich ist das Geld knapp, und natürlich muss gespart werden. Erfreulicherweise gibt es schon heute unzählige Menschen, die die Hamburger Kunsthalle unterstützen, ideell und vor allen Dingen finanziell. Auf diese Unterstützung kann die Hamburger Kunsthalle weiterhin bauen.

Aber nun ist es an der Zeit, dass auch die Stadt Hamburg Farbe bekennt: Soll es einige wenige teure Leuchtturmprojekte geben oder soll das Kulturleben der Stadt vielfältig, lebendig und für seine Bürger noch erschwinglich bleiben?