Der Kieler Ex-Wirtschaftsminister sieht von der schwarz-grünen Regierung wirtschaftliche und physikalische Fakten missachtet, wenn sie das Versorgungsnetz übernimmt

Energiepolitik ist ein wesentlicher Bestandteil der Standortpolitik und existenziell für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands wie auch der Metropolregion Hamburg. Sie kann nur erfolgreich sein, wenn Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit gleichrangig behandelt werden.

Gegen diesen Grundsatz wird in Deutschland seit Jahren verstoßen. Energieversorgung und Energiepolitik laufen auseinander. Ideologische Richtungen setzen sich durch, selbst unter Missachtung physikalischer und wirtschaftlicher Fakten.

So erklärt der Sachverständigenrat für Umweltfragen in einem Gutachten, das Potenzial an regenerativen Energien sei in der Lage, in absehbarer Zeit den Strombedarf in Deutschland und Europa zu decken. Es würde alleine ausreichend sein, europaweit intelligente Netze zu errichten und die regenerativen Energiequellen zu verbinden. Im Klartext hieße dies, die Kernkraftwerke und vor allem neue Kohlekraftwerke würden nicht mehr benötigt.

Zu diesem Schluss kann nur kommen, wen wirtschaftliche Aspekte und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Energiemarktes nicht mehr interessieren. Denn die Folgen wären weiter drastisch steigende Energiepreise, zunehmend fehlende Kraftwerkskapazitäten und weniger Ressourcen - und Klimaschutz.

Auch der Hamburger Senat scheint sich dieser energiepolitischen "Strategie" anschließen zu wollen. So jedenfalls muss die streng vertrauliche Expertenrunde verstanden werden, die kürzlich unter Leitung des Ersten Bürgermeisters getagt hat.

Energiepolitik in Hamburg soll sich in Zukunft ausschließlich an CO2-Minderungsmaßnahmen und der lokalen Klimabilanz Hamburgs orientieren. Deshalb soll nach Auslaufen der Konzessionsverträge über die Hamburg Energie GmbH die ganze oder teilweise Übernahme der für unsere Region relevanten Versorgungsnetze, auch der Fernwärme, erfolgen. Damit glaubt man, auf die Erzeugung von elektrischer Energie durch das Kohlekraftwerk Moorburg verzichten zu können. Tatsache ist allerdings: Moorburg soll zunächst ab 2012 das Heizkraftwerk Wedel ersetzen und damit etwa ein Drittel des Hamburger Fernwärmebedarfs liefern. Es könnte zudem fast die Hälfte des Hamburger Strombedarfs sichern. Für die Grünen hätte sich damit der zähe Kampf gegen das Kraftwerk Moorburg ausgezahlt, selbst wenn eine Milliardeninvestition in den Teich gesetzt würde.

Das wird gegenüber den Bürgern bereits geschickt vorbereitet: Hamburg Energie GmbH ließ kürzlich öffentlichkeitswirksam weitere Photovoltaikanlagen unter anderem auf dem Müllberg Georgswerder installieren, und der Chef der Hamburger S-Bahn verkündete, die S-Bahn würde ausschließlich mit Strom aus Wasserkraft betrieben. Dies ist nachweislich eine Unwahrheit.

Noch schwerwiegender ist der von Schwarz-Grün geplante weitere Schlag gegen das Kraftwerk Moorburg: Die neu zu bauende Fernwärmeleitung von Moorburg nach Altona bedarf eines Planfeststellungsverfahrens, das heißt Öffentlichkeit und Umweltverbände müssen beteiligt werden. Damit ist diese Leitung praktisch gestorben und die sichere Versorgung des Hamburger Fernwärmesystems nach dem Ende der Betriebserlaubnis von Wedel ab 2012 auf das Höchste gefährdet.

Hierdurch wäre der gerade durch die Fernwärmeauskopplung entstehende energie- und klimapolitische Vorteil des Kraftwerks Moorburgs hinfällig, das Kraftwerk würde nur technisch übliche Wirkungsgrade bei der reinen Stromerzeugung erzielen. Dies wiederum wäre ein erneuter Grund, das bald in Betrieb gehende Kraftwerk wegen vermeintlich zu hoher spezifischer CO2-Emissionen zu bekämpfen.

Prekär ist für Hamburg, dass das in Schleswig-Holstein liegende Heizkraftwerk Wedel, das neben dem Kraftwerk Tiefstack fast ein Drittel zur Fernwärmeversorgung Hamburgs beiträgt, veraltet ist. Es muss 2012 stillgelegt werden. Da ist nichts zu modernisieren.

Allein dadurch fehlt der Hamburger Fernwärmeversorgung mehr als ein Drittel der benötigten Leistung. Dies will Schwarz-Grün offensichtlich durch den ganzen oder teilweisen Erwerb der Fernwärmeversorgung und den Neubau zahlreicher Blockheizkraftwerke wettmachen. Dies allein schon ist energetischer Unfug und dürfte wirtschaftlich weder durch Hamburg noch durch externe Investoren zu realisieren sein.

Hamburgs Bürger und Wirtschaft geraten hierdurch erneut ins energiepolitische Abseits und werden dies alles bezahlen müssen.