Hans-Peter Raddatz, 69, ist Orientalist, Volkswirt und Systemanalytiker.

1. Hamburger Abendblatt:

Muss Hamburg sich einen Islamisten-Kongress gefallen lassen?

Hans-Peter Raddatz:

Die Stadt Hamburg hat jahrelang eine Laisser-faire-Politik gegenüber Islamisten betrieben und damit Verhältnisse geschaffen, die es jetzt fast unmöglich machen, solch einen Kongress zu verhindern.

2. Was steckt hinter dem Islamisten-Treffen, ist es eine reine Machtdemonstration?

Das ist eindeutig eine Machtdemonstration. Der Verein Islamischer Weg braucht nicht einmal zu befürchten, dass man seine Aktivitäten behindert, weil unsere Institutionen in ihrer pro-islamistischen Haltung festgefahren sind.

3. Viele fordern einen stärkeren Dialog mit den Islamisten. Würde dieser etwas erreichen?

Der bisherige Dialog nimmt die Interessen des Islams einseitig wahr. Die Mehrheitsinteressen werden gegenüber dieser Minderheit mehr und mehr zurückgedrängt. Es gibt mittlerweile einen regelrechten Apparat eines interkulturellen Dialoges mit bestimmten klischeehaften Formulierungen. Alle Institutionen, zum Beispiel Kirchen, Parteien, Stiftungen, Universitäten, folgen den eingeschliffenen Sprachregelungen, die auch die Muslime kaum besser formulieren könnten. Kritik am Islam wird mit ideologischen Begriffen wie Rassismus oder Rechtsradikalismus abgeblockt.

4. Was will der Verein Islamischer Weg erreichen? Ist er ein verlängerter Arm Teherans?

Es soll ein Zustand erreicht werden, in dem eine uneingeschränkte Geltung der Scharia gewährleistet ist. Die Scharia ist die natürliche Verfassung der politischen Religion des Islam, der grundsätzlich auf Expansion programmiert ist. Den Verein als verlängerten Arm Teherans zu bezeichnen, wäre eine Überbewertung. Aber die Leute haben durchaus gewachsene Kontakte zur Hisbollah und verstehen sich als verlängerter Arm der Hisbollah in Deutschland.

5. Unternimmt die Politik in Deutschland denn genügend gegen islamistische Strömungen?

Die Politik beschränkt sich wesentlich auf vorgegebene Formeln, die möglichst wenig Konfliktpotential mit muslimischen Interessen erzeugen sollen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Begründung zu seinem Kopftuchurteil festgestellt, dass Muslime in Deutschland nach ihren eigenen, wörtlich: "imperativen Glaubenssätzen" leben können müssen. Das bedeutet für unsere Politik und Juristen, dass die Schranken des Straf- und Zivilrechts ihre eigentliche Aufgabe immer weniger erfüllen können, die darin besteht, dass Religionsfreiheit den Vorrang des Staates nicht beseitigt.