Wie in den 70er-Jahren: Laufen und Gerätetraining unter freiem Himmel

Schwitzen im Fitnessstudio war gestern, trainieren an frischer Luft ist wieder angesagt. So wie einst in den 70er-Jahren. Bevor Tennis und Jogging die Massen begeisterten, waren es 1972 die Olympischen Spiele in München, die eine regelrechte Volks-Bewegung in Deutschland auslösten. Nahezu jeder Deutsche kannte die "Trimm dich - durch Sport"- Kampagne und das dazugehörige Maskottchen "Trimmi". Jede Gemeinde, die etwas auf sich hielt, baute einen Parcours, der an verschiedenen Stationen Metallgerüste für Klimmzüge oder Baumstümpfe für Bocksprünge bot - es war die Geburtsstunde der Trimm-dich-Pfade.

Innerhalb kürzester Zeit schossen über 1500 Laufparcours aus dem Boden. Doch die Begeisterung hielt nicht lange an. Nach nur drei Jahren ebbte die Bewegung genauso schnell wieder ab, wie sie entstanden war. Trimm dich, das klang schon bald zu altbacken, Jogging kam in den 80er-Jahren in Mode, dauerhaft. Mit dem Ergebnis, dass die Pfade langsam, aber sicher verrotteten. Den anfangs begeisterten Gemeinden fehlten die Mittel, um die Strecken instand zu halten.

Doch nun kommt neue Bewegung in die Sache. Der Fitnessgedanke von damals erlebt ein Comeback, allerdings mit einem grundlegend geänderten Konzept. Heutzutage wird nicht von Station zu Station gejoggt und Übung für Übung absolviert. Vielmehr werden am Ende des Ausdauerprogramms mit den Geräten die Muskeln gestärkt und die Bänder gedehnt.

Im Stadtpark, südlich der Jahnkampfbahn, ist einer der zeitgemäßen Fitness-Parcours angelegt. Der Trimm-dich-Pfad ist größtenteils veraltet und unbrauchbar geworden. Doch hier und da sind noch einzelne Überreste im Park zu finden. Deswegen hat sich der Bezirk Hamburg-Nord vor einigen Jahren entschieden, neue Trimmgeräte anzuschaffen. Von Armzug über Stützspringen bis hin zu Balancierstrecken bietet der Fitness-Parcours ein umfangreiches Angebot.

In Kooperation mit der Firma Playparc wurden die Geräte "4F Circle" aufgebaut, sie können von allen Altersstufen und unabhängig vom Grad der persönlichen Fitness genutzt werden. Die 22 Jahre alte Polizistin Saskia Renk ist ab und zu an den Geräten zu treffen: "Ich finde es super, dass diese Geräte hier stehen. Vor allem im Sommer, wenn ich durch den Park jogge, ist das eine gute Ergänzung."

Seit Mitte April gibt es auch eine neue Gerätestation an der Alster. Direkt bei der Krugkoppel 1 hat vor Kurzem die erste "Trimmfit"-Station eröffnet. Auf nur vier Quadratmetern Aktionsfläche können über 300 Muskelkräftigungs- und Dehnübungen gemacht werden. "Die Trainingsphilosophie ist, mit einfachen Mitteln ein effektives Training für jedermann zu bieten", erzählt der Inhaber und Mitgründer von Trimmfit, Jean-Phillippe Klaack.

Der Standpunkt ist ideal für die vielen Sportler, die die Alster als Joggingstrecke nutzen. "Ich bin heute zum ersten Mal hier und finde das Angebot hervorragend. Es ist eine Alternative zum alltäglichen sturen Lauf um die Alster und eine echte Bereicherung für Hamburg", sagt Reinhard Schloh, 45, selbstständiger Kaufmann.

Auch der Zahnarzt Daud Abed, 36, kommt regelmäßig hierher, um sich zu dehnen und seine Kraftübungen zu machen. "Ich kenne das Konzept bereits vom Stadtpark, aber der Standort an der Alster ist für mich besser gelegen." Wer keine Selbstdisziplin hat oder die Geräte besser kennenlernen möchte, kann auch mit einem Trainer von Trimmfit trainieren. Die 50 jahre alte Visagistin Gülten Özcan-Tomm kommt regelmäßig zur Station, da sie ohnehin mehrmals in der Woche an der Alster läuft: "Ich finde die Geräte toll. Das ist besser, als im Fitnessstudio zu trainieren." Eine weitere Trimmfit-Station befindet sich im Wehbers Park in Eimsbüttel.

In Großhansdorf besteht noch ein Trimm-dich-Pfad der alten Generation. Vor einigen Jahren hat das THW Ahrensburg die Geräte an den 20 Stationen des zweieinhalb Kilometer langen Parcours im Wald saniert. "Der Parcours ist heute nicht mehr so beliebt und wird immer wieder von Vandalen heimgesucht. Die Geräte werden zwar immer noch genutzt, aber mit anderen Übungen", sagt Bürgermeister Janhinnerk Voß aus Großhansdorf.

Back to the Basics - unter diesem Motto treffen sich Sportler regelmäßig in Planten un Blomen, um unter Anleitung eines professionellen Lehrers zu schwitzen. Und zwar auf die ursprüngliche Art. Denn bei diesem Training werden keine Geräte genutzt, sondern ganz einfach Rasenflächen, Treppen und Parkbänke für Sit-ups, Beinheben und Zirkeltraining umfunktioniert. Jede Trainingseinheit dauert 60 Minuten und startet mit einer zehnminütigen Aufwärmphase. Danach folgen abwechslungsreiches Training für die unterschiedlichen Muskelgruppen, für Bauch, Beine, Rücken und Arme im schnellen Wechsel mit Laufintervallen von je 400 bis 800 Metern, die kreuz und quer durch den Park führen.

Die Gruppenfitness von onlysports, die sich an amerikanischen Bootcamps orientiert, findet bei jedem Wetter jeweils dienstags und donnerstags um 19 Uhr statt. Die Teilnahme kostet monatlich 19 Euro (unter www.onlysports. de gibt's Infos).

Auch wenn die Trimm-dich-Pfade aus den 70er-Jahren nur noch Relikte der damaligen Massenbewegung sind - die neuen Initiativen und Geräteparks zeigen, dass die Lust auf Sport im Freien ungebrochen ist.

Selbst für Touristen und Geschäftsleute, die die Stadt besuchen, hat Hamburg laufend Angebote. Tourist- oder Sightjogging heißt der sportliche Stadtrundlauf, bei dem die Sehenswürdigkeiten wie Michel, Alster und Fernsehturm gleich mit ins Trainingsprogramm integriert werden. Mit seinen Touren durch Hamburg war Gösta Dreise bundesweit Vorreiter. Mittlerweile bieten alle größeren deutschen Städte diese sportliche Alternative zur üblichen City-Tour an, häufig in Zusammenarbeit mit Hotels (Infos unter www.touristjogging.de ). Eine gute Kondition sollte man allerdings schon haben.