In ihrem Geschäft Mäander in Altona macht Schneiderin Nina Schwerdtmann Mode für Rollstuhlfahrer und hat damit eine Marktlücke entdeckt.

Hamburg. Schon von außen fällt auf, dass Mäander ein außergewöhnliches Geschäft ist. Vor dem Eingang liegt eine Rampe, und die Schaufensterpuppe steht nicht aufrecht, sondern sie sitzt. In einem Rollstuhl. Bei Mäander gibt es Mode für Rollstuhlfahrer. In ihrem kleinen Laden in Altona verkauft und näht Schneiderin Nina Schwerdtmann Kleidung für Menschen, die aufgrund dieser Behinderung besondere Bedürfnisse haben. Dabei kommt es der 31-Jährigen aber nicht nur darauf an, dass die Sachen bequem und praktisch sind. Vor allem sollen sie auch modisch sein und schick aussehen. "Ohne Sanitätshaus-Touch", wie Schwerdtmann dazu sagt. Das sei in diesem Segment nämlich viel zu oft der Fall. Seit 2008 ist Schwerdtmann selbstständig und hat mit ihrem Geschäft offenbar eine Marktlücke entdeckt. Denn deutschlandweit gibt es nur wenige, die sich ähnlich spezialisiert haben.

Schwerdtmann ist nach ihrer Ausbildung auf diese Idee gekommen, als sie zunächst in einem Sanitätshaus angestellt war. "Hier hatte ich ersten Kontakt mit Rollstuhlfahrern und habe gemerkt, dass sie mit ihrer Kleidung oft Probleme haben." Vor allem Hosen seien so geschneidert, dass sie im Stehen gut aussehen, aber beim Sitzen verrutschen. "Rollstuhlfahrer können dann eben nicht einfach aufstehen und die Hose zurechtrücken", sagt Schwerdtmann. Aber auch bei Oberteilen gebe es Probleme. "Besonders Jacken sind im Sitzen hinten zu kurz und vorn zu lang."

Weil sie das Problem kennt, ist Rollstuhlfahrerin Anke Völz, 22, Kundin bei Mäander. Zwei komplette Outfits hat sie sich maßanfertigen lassen. Zwar gebe es auch andere Hersteller behindertengerechter Kleidung, "aber die Sachen sehen oft einfach nicht schön aus", sagt sie, "so etwas hätte ich nie angezogen." Also kaufte sie bei H&M und Co. - auch wenn das manchmal eben unbequem war. Die Mode von Mäander hat sie dann von einem Freund empfohlen bekommen - und war begeistert.

Viele ihrer Kunden bekommt Schneiderin Nina Schwerdtmann auf Empfehlung anderer. "Oft haben Rollstuhlfahrer anfangs gewisse Berührungsängste", sagt sie. Deshalb ist sie Mitte März auch in ihren Laden an die Große Bergstraße gezogen, eine Fußgängerzone. "So können die Menschen direkt reinkommen und stöbern", sagt sie. Drei Tage in der Woche hat Mäander geöffnet, und direkt hier fertigt Schwerdtmann auch ihre Stücke auf ihrer Nähmaschine an. Alles ist Handarbeit. Sonst fährt sie aber auch zu ihren Kunden nach Hause, um sie dort zu beraten. Allerdings hat sie nebenbei auch noch einen Teilzeitjob - denn leben kann sie von ihrem Geschäft nicht. "Vielleicht muss der weitere Bedarf jetzt erst noch gedeckt werden", sagt sie, "und der Laden bekannter werden." Deshalb kann man ihre Sachen auch über das Internet bestellen. Zwölf Artikel gibt es dort im Moment, es sollen aber mehr werden. Schwerdtmann schneidert ihre Mode sowohl für Frauen als auch für Männer. Sogar für Kinder, die im Rollstuhl sitzen, hat sie bald Kleidung im Angebot. Außergewöhnlich, praktisch und dabei richtig schön.